Leitsatz (amtlich)

Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO

 

Normenkette

InsO § 133

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 22.05.2018; Aktenzeichen 5 O 495/17)

 

Tenor

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Gießen - 5. Zivilkammer - vom 22.05.2018 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.129,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.11.2017 zu zahlen

Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 40.129,48 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) gegen die Beklagte aus Insolvenzanfechtung einen Rückgewähranspruch in Höhe von 40.129,48 EUR wegen Drittschuldnerzahlungen geltend, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 31.01.2011 bis 05.03.2014 aufgrund einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Beklagten wegen einer vollstreckbaren Forderung gegen den damaligen Gesellschafter und Geschäftsführer der Schuldnerin Herrn A1 auf einen Anspruch auf Darlehenszinsen und -rückzahlung des Herrn A1 gegen die Schuldnerin geleistet hat.

Wegen des Weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlichen Klageanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 9.218,16 stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Schuldnerin die angefochtenen Zahlungen bis zum 30.04.2013 nicht mit dem Vorsatz vorgenommen habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Eigene Kenntnis von ihrer Zahlungsunfähigkeit habe die Schuldnerin erst ab dem 31.05.2013 gehabt. Zwar sei in der Mitteilung der Schuldnerin an die Beklagte vom 26.08.2010, die Ertragslage der Schuldnerin habe sich nicht nachhaltig verbessert, im Hinblick auf die frühere Erklärung vom 28.04.2006, die Darlehensmittel stünden liquiditätsmäßig nicht zur Verfügung und eine Rückzahlung des Darlehns sei nicht möglich, die Mitteilung zu sehen, auch fortwährend fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können. Dem stehe auch das Ratenzahlungsangebot i.H.v. 1.000 EUR monatlich nicht entgegen. Allerdings seien Forderungen, die rechtlich oder auch nur tatsächlich gestundet sind, bei der weiteren Feststellung der Zahlungseinstellung und Zahlungsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Unter eine derartige Stundung falle auch ein bloßes Stillhalten. Aus diesem Grund sei im vorliegenden Fall die Zahlungseinstellung infolge der Ratenzahlungsvereinbarung vom 26./31.08.2010 zunächst wieder entfallen und erst zum 31.05.2013 wieder aufgelebt, nachdem die Schuldnerin die gegenüber der Beklagten vereinbarungsgemäß zu erbringende Ratenzahlungen nur noch mehr als einen Monat verspätet geleistet hat. Soweit die fälligen Zahlungen für einige Monate davor verspätet erfolgt seien, handle es sich lediglich um Zahlungsstockungen, weil die Leistung jeweils noch innerhalb eines Monats nach Fälligkeit erfolgt sei. Die Grenze zur Zahlungseinstellung sei erst mit der verspäteten Zahlung der Rate für den Monat April 2013 überschritten worden, welche am 30.04.2013 fällig gewesen sei und am 06.06.2013 gezahlt wurde.

Ab der Zahlung vom 06.06.2013 lägen sowohl bei der Schuldnerin als auch bei der Beklagten die subjektiven Voraussetzungen einer Vorsatzanfechtung aufgrund der Kenntnis von der Nichtzahlung der vereinbarten Raten trotz Fälligkeit vor.

Das Urteil wurde dem Kläger am 31.05.2018 zugestellt. Er hat am 27.06.2018 Berufung eingelegt und diese am 30.07.2018 begründet. Er verfolgt seinen Klageantrag aus der 1. Instanz in vollem Umfang weiter, soweit das Landgericht die Klage abgewiesen hat, und rügt, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, die - vom Landgericht zutreffend angenommene - einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei durch die Stundung der Forderung aufgrund der zwischen den Parteien geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung wieder entfallen. Das Landgericht habe hierzu nicht die Rechtsprechung des BGH berücksichtigt, dass der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung die einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht entfallen lasse, wenn mit dieser gerade die Verbindlichkeit gestundet werde, anhand deren Nichtbegleichung die Zahlungseinstellung der Schuldnerin festgestellt werde. Er ist der Auffassung, dass aus der Erbringung von Ratenzahlungen nach Feststellung der Zahlungsunfähigkeit anhand der Zahlungseinstellung nicht darauf geschlossen werden könne, das...

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