Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage im Urkundsprozess auf rückständige Gesellschaftsbeiträge nach vertraglichem Widerruf des Gesellschaftsbeitritt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Vorliegen eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts beim Gesellschaftsbeitritt und zu den Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in diesen Fällen

2. Zu den Auswirkungen der Durchsetzungssperre bei der Geltendmachung rückständiger Einlagen nach Widerruf durch den Beitretenden

3. Keine Umdeutung eines Leistungsantrages auf Zahlung der Einlagen in einen Feststellungsantrag im Urkundsprozess

 

Normenkette

BGB §§ 312, 355, 738; ZPO § 592

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 16.05.2010)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.5.2010 verkündete Urteil des LG Wiesbaden wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin - eine FondsGbR - verlangt von der ihr beigetretenen Beklagten Zahlung einer vereinbarten Einmalzahlung sowie ausstehender monatlicher Raten.

Die Beklagte unterzeichnete am 13.12.2006 zwei Urkunden, mit denen sie ihren Beitritt zur Klägerin erklärte. Sie verpflichtete sich dabei zur Zahlung von zwei sog. Einmalzahlungen i.H.v. 17.850 bzw. 8.316 EUR und zu monatlichen Ratenzahlungen ab 15.12.2006 i.H.v. 246,75 EUR sowie ab 1.2.2007 zusätzlich i.H.v. 115,50 EUR. Die Beklagte erbrachte die Einmalzahlungen nicht und zahlte in der Zeit von April 2007 bis Dezember 2009 keine Raten. Mit Anwaltsschreiben vom 21.1.2010 (Bl. 60 ff. d.A.) widerrief die Beklagte ihre Beitrittserklärungen.

Die rückständigen Beträge, die nach den unstreitigen Berechnung der Klägerin zusammen 38.120,25 EUR ausmachen, sind Gegenstand der vorliegenden Klage im Urkundsprozess.

Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 249 ff. d.A. verwiesen.

Mit Urteil vom 16.6.2010 hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe ihre beiden Beitrittserklärungen wirksam widerruf, was dazu führe, dass nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft eine Abwicklung vorzunehmen sei, die eine Auflösungs- und Abschichtungsbilanz erfordere, in deren Rahmen noch offene Einlageforderungen lediglich zu berücksichtigten seien, diese jedoch nicht gesondert verfolgt werden könnten. Der Beklagten sei jedenfalls auch ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt worden. Die Beklagte habe ihr Widerrufsrecht auch rechtzeitig ausgeübt, weil die Widerrufsbelehrung in den Beitrittserklärungen fehlerhaft sei, nachdem sie lediglich einseitig auf die Pflichten des Widerrufenden hinweise, nicht jedoch darauf, dass dem Widerrufenden auch Ansprüche gegen die Gesellschaft zustehen.

Wegen der weiteren Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin.

Die Klägerin trägt vor:

Das Urteil sei schon deshalb falsch, da das LG keine Hinweise erteilt habe und die Entscheidung völlig überraschend gekommen sei.

Die Beklagte könne sich nicht auf eine Haustürsituation berufen, da sich die Beklagte die Anlage selbst vermittelt habe.

Ein vertragliches Widerrufsrecht liege nicht vor.

§ 355 BGB finde - sofern nicht ausdrücklich anders vereinbart - auf ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht keine Anwendung. Es sei nicht einzusehen, aus welchem Grund in einem solchen Fall die freiwillig gewährte Widerrufsmöglichkeit an den strengen Regeln des § 355 BGB zu messen sein solle.

Die Widerrufsbelehrung sei im Übrigen zutreffend. Eine Einzahlung sollte erst am 1.2.2007 erfolge, somit erst nach Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist. Im Falle des Widerrufs hätte deshalb eine Rückgewährverpflichtung der Klägerin gar nicht entstehen können. Die Beklagte habe deshalb nicht darauf hingewiesen werden müssen, dass bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren wären.

Zudem wäre der bloße Hinweis, dass die Einlagen von der Klägerin zurückzugewähren seien, im Hinblick auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft auch unrichtig. Auch die Angabe der Telefonnummer mache die Widerrufsbelehrung nicht falsch (wird ausgeführt).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, 6das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 38.120,25 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.429,19 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:

Das Beratungsgespräch mit der Beklagten habe ein Abschlussvermittler der Klägerin durchgeführt.

Es...

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