Normenkette

VVG § 22; BGB § 123 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.12.2006)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen IV ZR 140/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 1.12.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Wert des Streitgegenstands für den zweiten Rechtszug wird auf 75.266,22 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am ... Juni 1961 geborene Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch.

Der Kläger war im Jahr 1990 aus der damaligen UdSSR nach Deutschland übergesiedelt, wo er zuletzt als Musiklehrer im Angestelltenverhältnis an einer Gesamtschule in O1 (Brandenburg) tätig war. Im Jahr 2004 vereinbarten die Parteien eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Beginn ab 1.9.2004 und einer Laufzeit bis 1.9.2021. Im Falle der Berufsunfähigkeit sollte dem Kläger eine monatliche Rente i.H.v. 1.500 EUR ausgezahlt werden. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Vertragsgrundlagen Bezug genommen (Bl. 6-39 d.A.).

Der Vertragsschluss kam durch Vermittlung der Versicherungsmaklerin A AG zustande, der der Kläger zweitinstanzlich den Streit verkündet hat. Deren Mitarbeiter B suchte den Kläger mehrmals in seiner Wohnung auf, wo schließlich das Antragsformular der Beklagten mit Gesundheitsfragen von Z2 ausgefüllt wurde (vgl. Bl. 77/78 d.A.). Auf die Fragen: Bestehen oder bestanden in den letzten 5 Jahren Krankheiten, Unfallfolgen oder körperliche Schäden? war jeweils das Kästchen "nein" angekreuzt, u.a. unter Ziff. 1.8 "des Rückens oder Nackens (auch Wirbelsäulen-, Bandscheibenschaden, Rückenschmerzen)". Mit "nein" angekreuzt war auch die Frage Ziff. 7: "Wurden Sie in den letzten 10 Jahren stationär behandelt (auch ... Operationen ...)?" Die Frage Ziff. 6 ("Sind Sie in den letzten 5 Jahren von Ärzten, Heilpraktikern oder Psychologen untersucht, behandelt oder beraten worden?") war mit "ja" beantwortet und ergänzend ausgeführt worden: "Überweisung wg. Haarausfall 6/04; o. Befund Dr. Z1" und "Zahnarzt, Vorsorge einmal p. a."

Diese Antworten waren jedenfalls teilweise unzutreffend. Im Zehnjahreszeitraum war der Kläger vom 19.2. bis 14.3.1996 wegen eines Spontanpneumothorax und eines Seropneumothorax rechts in der Universitätsklinik B stationär behandelt worden (Bericht vom 14.6.1996, Bl. 106 d.A.). Auch bei einer Nachuntersuchung neun Monate später litt der Kläger noch unter Beschwerden und Einschränkungen (Bericht vom 18.11.1996, Bl. 104/105 d.A.). Der Kläger hatte ferner wiederholt seinen Hausarzt Dr. Z1 aufgesucht, der Rückenbeschwerden diagnostizierte, zuletzt vom 26.4./3.5.2004 bis 30.5.2004 wegen HWS/BWS- und wegen LWS-Syndroms.

Am 9.12.2004 kam es zu einem Vorfall während des Unterrichts des Klägers. Mehrere Jugendliche suchten ihn in seinem Klassenraum auf und stellten ihn zur Rede. Nach der Behauptung des Klägers hätten ihn diese der neonazistischen Szene zuzuordnenden Personen auf Grund seiner ausländischen und jüdischen Herkunft massiv bedroht. Seitdem ist der Kläger krankgeschrieben und nach seiner Behauptung berufsunfähig.

Mit Schreiben vom 26.10.2005 (Bl. 41 d.A.) erklärte die Beklagte den Rücktritt von der Berufsunfähigkeitsversicherung und focht sie zusätzlich wegen arglistiger Täuschung an.

Der Kläger ist der Beendigung des Vertrages entgegengetreten. Der Vertrag sei in jedem Fall stillschweigend verlängert worden, weil die Beklagte die Versicherungsbeiträge für November und Dezember 2005 abgebucht habe. Rücktritt und Anfechtung seien ungerechtfertigt. Er habe den Vermittler Z2 von allen Beschwerden umfassend informiert. Er habe ihm offenbart, dass er wegen Muskelverspannungen den Arzt aufgesucht habe und dass er wegen eines Spontanpneumothorax Mitte der neunziger Jahre im Krankenhaus behandelt worden sei. Nachdem er die Frage Z2s nach Folgeschäden wahrheitsgemäß verneint habe, habe dieser die Notwendigkeit einer Angabe verneint. Eine Erkrankung des Rückens habe nicht vorgelegen, vielmehr habe es sich um Muskelverspannungen gehandelt, die mit Massagen behandelt worden seien. Eine andere Diagnose habe ihm Dr. Z1 nicht eröffnet. Er habe die Frage nach Rückenschmerzen auch so verstehen müssen, dass nur nach Krankheiten, Unfallfolgen oder körperlichen Schäden gefragt worden sei und nicht nach Rückenschmerzen jeglicher Herkunft, auch wenn keine Krankheit vorgelegen habe. Wenn die Beklagte den Sachverhalt überprüft hätte, dann hätte sie den Vertrag im Übrigen genauso abgeschlossen. Die Risikogrundsätze der Beklagten würden bestritten.

Ein Rücktritt scheide auch deshalb aus, weil die Bek...

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