Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit des Angebots von Vermögensanlagen bei bestehender Interessenverflechtung nach § 2a Abs. 5 VermAnlG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 2a Abs. 5 S. 2 VermAnlG genannten Regelbeispiele sind nicht abschließend zu verstehen. Eine maßgebliche Interessenverflechtung zwischen Emittentin und dem Unternehmen, das die Internet-Dienstleistungsplattform betreibt, kann sich auch aus anderen Umständen ergeben.

2. Für § 2a Abs. 5 VermAnlG kommt es nicht notwendig auf eine Interessenverflechtung in rechtlicher Hinsicht an; es kann eine Interessenverflechtung tatsächlicher Art genügen.

3. Für eine tatsächliche Interessenverflechtung kann es ausreichen, wenn das Unternehmen, das die Internet-Dienstleistungsplattform betreibt, faktisch nicht objektiv über die Aufnahme oder Ablehnung von Angeboten der Emittentin entscheiden kann, sondern - trotz rechtlicher Selbstständigkeit - lediglich ein Vertriebsvehikel ist.

 

Normenkette

VermAnlG § 2a Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.10.2021; Aktenzeichen 3-08 O 40/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufungen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin wird das am 6.10.2021 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird weiter untersagt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Antragsgegnerin zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs als Eigenvertriebs-Plattform der V GmbH Vermögensanlagen zu deren Projekten über eine Internet-Dienstleistungsplattform öffentlich anzubieten,

wenn dies geschieht wie unter www.(...).de und in Anlage Ast 1 wiedergegeben.

Die einstweilige Verfügung wird im Hinblick auf die Verurteilung nach Ziff. 1. a aufgehoben und der entsprechende Eilantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Von den Kosten des Eilverfahrens erster Instanz haben die Antragsgegnerin 2/3 und die Antragstellerin 1/3 zu tragen.

Die Kosten des Eilverfahrens zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die vermögensanlagerechtliche Zulässigkeit der Vermittlung von Immobilienanlagen über eine Crowdinvesting-Plattform.

Die Antragstellerin betreibt eine Crowdinvesting-Plattform für Vermögensanlagen in Immobilien-Projekte unter der Domain (a).com.

Die Antragsgegnerin betreibt eine Internetplattform zum Crowdinvesting in Immobilienprojekte unter der Domain (...).de. Auf der Plattform haben angemeldete Nutzer die Möglichkeit, in Immobilienprojekte zu investieren, und zwar ab einem Betrag von 200 EUR. Die Antragsgegnerin bietet ausschließlich Immobilienprojekte an, die von der V GmbH entwickelt wurden. Sie wirbt auf ihrer Plattform damit, die "hauseigene Crowdinvesting-Plattform der V GmbH" zu sein. Man habe sich dazu entschlossen, eine eigene Plattform zu launchen (Anlage K1).

Die Antragsgegnerin verfügt als Personenhandelsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG nicht selbst über eine Erlaubnis für Finanzanlagevermittler nach § 34 f GewO. Über eine entsprechende Erlaubnis verfügt jedoch ihre Komplementärin.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin verstoße gegen die Erlaubnispflicht nach § 34 f GewO. Außerdem laufe der Internetauftritt der Antragsgegnerin auf einen unzulässigen Eigenvertrieb hinaus, der gegen § 2a Abs. 5 S. 1 VermAnlG verstoße. Sie behauptet, es bestünden Interessenverflechtungen zwischen der Antragsgegnerin als Plattformbetreiberin und der Emittentin der Vermögensanlagen.

Im Übrigen wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, mit einer Alleinstellungsbehauptung zu werben (Verurteilung zu 1. b.). Weiterhin hat es der Antragsgegnerin untersagt,

1. a. ohne eine Einwilligung nach § 34f GewO Vermögensanlagen über eine Internet-Dienstleistungsplattform zu vermitteln,

wenn dies geschieht wie unter www.(...).de und in der Anlage K1 wiedergegeben.

Den weiteren Verfügungsantrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin zu untersagen, als Eigenvertriebs-Plattform der V GmbH Vermögensanlagen zu deren Projekten über eine Internet-Dienstleistungsplattform öffentlich anzubieten, hat es zurückgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen, wobei die Antragsgegnerin nur die Verurteilung zu Ziff. 1. a. angreift. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 6.10.2021 die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen, soweit es der Antragsgegnerin untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs ohn...

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