Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Sicherungsabrede aus einem Bauvertrag

 

Normenkette

BGB § 768 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 18.10.2013; Aktenzeichen 3 O 64/13)

BGH (Aktenzeichen II ZR 120/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.01.2015; Aktenzeichen VII ZR 120/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Wiesbaden vom 18.10.2013 - 3 O 64/13 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 62.377,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.3.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 62.377,61 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch.

Die Klägerin hatte nach einer öffentlichen Ausschreibung der A. GmbH (nachfolgend: die Hauptschuldnerin) am 30.6.1999 den Auftrag erteilt, eine neue Flutlichtmastenanlage für das X-Stadion in ... zu bauen. Die Hauptschuldnerin sollte vier Flutlichtmasten, die Beleuchtung sowie die Elektroanlagen liefern und montieren. Vertragsbestandteil waren neben der VOB/B die Besonderen Vertragsbedingungen (BVB-VOB, Bl. 12 ff. d.A.) und die Zusätzlichen Vertragsbedingungen (ZVB-VOB, Bl. 15 ff. d.A.) der Klägerin.

Unter der Überschrift "Sicherheitsleistung (§ 17)" enthält Nr. 6 BVB-VOB u.a. folgende Regelungen:

"6.1 Als Sicherheit für die Vertragserfüllung nach Nr. 33.1 ZVB-VOB hat der AN eine Bürgschaft nach Vordruck B U in Höhe von 5,0 v.H. der Auftragssumme einschl. Nachträge zu stellen.

Leistet der AN die Sicherheit nicht innerhalb von 18 Werktagen nach Vertragsabschluss (Zugang des Auftragsschreibens bzw. der Nachtragsvereinbarung), ist der AG berechtigt, die Abschlagszahlungen einzubehalten, bis der Sicherheitsbetrag erreicht ist.

Nach Empfang der Schlusszahlung und Erfüllung aller bis dahin erhobenen Ansprüche kann der AN verlangen, dass die Bürgschaft in eine Gewährleistungsbürgschaft (siehe auch 6.2) in Höhe von 3,0 v.H. der Abrechnungssumme umgewandelt wird.

6.2 Als Sicherheit für die Gewährleistung nach Nr. 33.2 ZVB-VOB hat der AN eine Bürgschaft nach Vordruck B U in Höhe von 3,0 v.H. der Auftragssumme einschl. aller Nachträge zu stellen. Nach Feststellung der Abrechnungssumme ist diese maßgebend.

Liegt die Bürgschaft nicht vor, wird der entsprechende Betrag nach Feststellung der Abrechnungssumme vom AG einbehalten."

Nr. 33 ZVB-VOB - "Sicherheitsleistung (§ 17)" - lautet:

"33.1 Die Sicherheit für Vertragserfüllung erstreckt sich auf die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Vertag, insbesondere für die vertragsgemäß Ausführung der Leistung einschließlich Abrechnung, Gewährleistung und Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen, einschließlich der Zinsen.

33.2 Die Sicherheit für Gewährleistung erstreckt sich auf die Erfüllung der Ansprüche auf Gewährleistung einschließlich Schadensersatz sowie auf die Erstattung von Überzahlungen einschließlich der Zinsen."

Unter der Überschrift "Bürgschaften (§§ 16 und 17)" enthält Nr. 34 ZVB-VOB u.a. folgende Regelungen:

"34.1 Ist Sicherheit durch Bürgschaft für

  • Vertragserfüllung,
  • Gewährleistung,
  • Abschlagszahlungen oder
  • Vorauszahlungen

zu leisten, sind Formblätter des AG zu verwenden.

34.3 Die Bürgschaftsurkunden enthalten folgende Erklärungen des Bürgen:

'Der Bürge übernimmt für den AN die selbstschuldnerische Bürgschaft nach deutschem Recht. Auf die Einreden der Anfechtung und der Aufrechnung sowie der Vorausklage gem. §§ 770,771 BGB wird verzichtet. Die Bürgschaft ist unbefristet; sie erlischt mit der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde. [...]'

34.6 Die Urkunde über die Vertragserfüllungsbürgschaft ist zurückzugeben, wenn der AN

  • die Leistung vertragsgemäß erfüllt hat,
  • etwaige erhobene Ansprüche (einschließlich Ansprüche Dritter) befriedigt hat und
  • eine vereinbarte Sicherheit für Gewährleistung geleistet hat."

Die Beklagte gab für die Hauptschuldnerin eine Bürgschaft (Bl. 32 d.A.) gegenüber der Klägerin in Höhe von 122.000,- DM als Sicherheit für die "Ausführung gemäß VOB, Teil B § 4" ab.

Noch vor der Abnahme der Leistung der Hauptschuldnerin knickte Ende 1999 ein von dieser errichteter Lichtmast ab. Zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin war streitig, wer dafür verantwortlich war. Um das Stadion rasch wieder in Betrieb nehmen zu können, finanzierte die Klägerin die Mängelbeseitigung vor, während die Verursachungsfrage gerichtlich geklärt werden sollte. Die Klägerin schloss dazu mit der Hauptschuldnerin die Vereinbarung vom 18.2.2002 (Bl. 33 ff. d.A.). Danach stellte die Hauptschuldnerin die Flutlichtanlage wieder auf und die Leistung wurde abgenommen.

Das OLG Thüringen verurteilte die Hauptschuldnerin mi...

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