Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Verpflichtungen des Unterlassungsschuldners; Unzumutbarkeit einer Rückrufaktion

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Unterlassungsschuldner obliegt es nicht nur, keine weiteren Handlungen vorzunehmen, die eine Verletzung des Unterlassungsgebotes darstellen, sondern er muss alles ihm Zumutbare tun, um vor Abgabe des Unterlassungsversprechens angelegte Störungsquellen zu beseitigen.

2. Eine "Rückrufaktion" auf bloße Vermutung hin, dass rechtsverletzendes Material an eine bestimmte Stelle gelangt sein könnte, kann jedoch im Einzelfall unzumutbar sein.

 

Normenkette

UrhG §§ 13, 17, 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.01.2009; Aktenzeichen 2/6 O 483/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das am 21.1.2009 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. (Az. 2/6 O 483/08) abgeändert.

Der Beschluss - einstweilige Verfügung - der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 29.8.2008 (Az. 2/6 O 483/08) wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Eilverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

 

Tatbestand

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Verfügungsklägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 i.V.m. § 13 UrhG gegen die Verfügungsbeklagte zu.

Die Verfügungsklägerin kann zwar als Urheberin der streitgegenständlichen Fotografien, die jedenfalls gem. § 72 UrhG urheberrechtlichen Schutz genießen, gem. § 13 UrhG verlangen, als Urheberin der Fotografien benannt zu werden.

Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehlt jedoch die erforderliche Wiederholungsgefahr.

Aufgrund der strafbewehrten Unterlassungserklärung der Verfügungsbeklagten vom 2.5.2008 (Bl. 8 ff. d.A.) ist die Wiederholungsgefahr entfallen. Mit der Unterlassungserklärung hat sich die Verfügungsbeklagte u.a. verpflichtet, die streitgegenständlichen Fotografien der Verfügungsklägerin nicht ohne Hinweis auf deren Urheberschaft zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen.

Eine Unterwerfungserklärung steht der Annahme der Wiederholungsgefahr allerdings dann nicht entgegen, wenn erneut gleichartige Verstöße begangen werden (BGH, Urt. v. 9.11.1979 - I ZR 24/78, GRUR 1980, 241, 242 - Rechtsschutzbedürfnis). Eine nach Abgabe einer Unterlassungserklärung erneute - auch unverschuldete - Zuwiderhandlung begründet Wiederholungsgefahr und lässt einen neuen gesetzlichen Anspruch entstehen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 12 Rz. 1.157).

Ein erneuter Verstoß der Verfügungsbeklagten gegen das Urheberbenennungsrecht der Verfügungsklägerin nach der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 2.5.2008 ist jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Zwar erfolgte eine Zuwiderhandlung gegen das Urheberbenennungsrecht der Verfügungsklägerin, indem die Verfügungsbeklagte die Abreißschreibtischunterlage (Anlage Ast 2; Bl. 7 d.A.), die ohne einen Hinweis auf die Urheberschaft Fotos der Verfügungsklägerin enthält, über den Leiter ihres Ordnungsamtes öffentlich angeboten bzw. in den Verkehr gebracht hat, so dass die Fraktionssekretärin der Partei "X" sie aus dem Vorzimmer des Leiters des Ordnungsamtes mitnehmen konnte.

Die Verfügungsbeklagte hat jedoch glaubhaft gemacht, dass diese Zuwiderhandlung bereits vor Abgabe der Unterlassungserklärung erfolgte.

Die Verfügungsbeklagte hat mit der Berufungsbegründung vorgetragen (Bl. 113 d.A.) und durch Vorlage einer Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht (Bl. 116 d.A.), dass die Abreißschreibtischunterlage bereits im Herbst 2007 - also lange Zeit vor Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung - durch die Fraktionssekretärin der Partei "X" aus dem Vorzimmer des Leiters des Ordnungsamtes mitgenommen worden sei. Dieser neue, von der Verfügungsklägerin bestrittene Vortrag ist gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen, weil die Verfügungsbeklagte unwidersprochen vorgetragen hat, dass sie hiervon erst nach sehr umständlichen Befragungen Kenntnis erlangt hat.

Die Behauptung der Verfügungsklägerin, die streitgegenständliche Abreißschreibtischunterlage habe am 20.8.2009 im Dienstleistungszentrum der Stadt ... (Rathaus) im Rahmen einer Bauausschusssitzung zur Mitnahme ausgelegen, ist nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat die Verfügungsklägerin eine entsprechende Versicherung an Eides statt des Herrn A zur Akte gereicht (Bl. 18 d.A.). Dem stehen jedoch die von der Verfügungsbeklagten zur Akte gereichten Versicherungen an Eides statt (Bl. 30-33 d.A.) entgegen.

Ein Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung folgt auch nicht daraus, dass die streitgegenständliche Abreißschreibtischunterlage unstreitig am 20.8.2008 und noch bis zum 5.9.2008 im Fraktionsraum der Partei "X" auf einem Schreibtisch lag.

Durch die Nutzung des Abreißblockes als Schreibtischunterlage, auf welche jedenfalls die Fraktionsmitglieder der Partei "X" zugreifen konnte...

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