Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unlautere vergleichende Werbung in E-Mail, wenn in Aussagen Produkte des Mitbewerbers nicht konkret erkennbar sind

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 1 UWG liegt nicht vor, wenn sich aus der beanstandeten E-Mail des Werbenden bei objektiver Beurteilung des Verkehrs die Produkte des Mitbewerbers nicht konkret erkennen lassen. Dabei kommt es nicht auf die Sicht des Werbenden an; entscheidend ist allein, wie der Empfänger die Äußerungen nach der Verkehrsauffassung verstehen musste.

2. Erfolgt eine Gegenüberstellung der Produkte des Werbenden mit dem allgemeinen Marktumfeld, werden die Voraussetzungen für einen Vergleich allenfalls dann erfüllt, wenn ganz konkrete Produkteigentschaften mit der Konkurrenz verglichen werden. Dabei genügt es nicht, dass sich der Werbende allgemein gegenüber der Konkurrenz als "besser" darstellt.

3. Behauptet der Mitbewerber fälschlich, "Fragen der Recyclingfähigkeit und der Umweltverträglichkeit des Produkts seien Teil der Produktzulassung" (hier: Bauelemente der Hohlkörpertechnologie für Stahlgeschossdecken), kann hierin eine unwahre Tatsachenbehauptung im Sinne von § 4 Nr. 2 UWG liegen, die geeignet ist, den Kredit des Mitbewerbers zu schädigen.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 4 Nr. 2, § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 15.10.2020; Aktenzeichen 13 O 1448/20)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 15.10.2020 verkündete Urteil der des Landgerichts Wiesbaden teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,- EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, untersagt, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Dritten zu behaupten,

Fragen der Recyclingfähigkeit und Umweltverträglichkeit des Produkts seien Teil der Produktzulassung,

wenn dies geschieht wie in der E-Mail der Antragsgegnerin vom 11.5.2020, 14.09 Uhr an die A GmbH & Co. KG.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 23.7.2020 wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Anordnungsverfahrens erster Instanz haben die Antragstellerin 6/7 und die Antragsgegnerin 1/7 zu tragen.

Von den Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Berufungsverfahrens haben die Antragstellerin 4/5 und die Antragsgegnerin 1/5 zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die die Antragstellerin zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über angeblich herabsetzende Äußerungen in einer E-Mail.

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Hohlkörpertechnologie für Stahlgeschossdecken. Die Geschäftsführer der Antragstellerin sind ehemalige Mitarbeiter der Antragsgegnerin. Die Baufirma Fa. A GmbH & Co. KG war in der Vergangenheit Kundin der Antragsgegnerin. Für ein Bauprojekt "B" in Stadt1 schloss die Fa. A im Mai 2020 einen Vertrag mit der Antragstellerin. Am 11.5.2020 sandte die bei der Antragsgegnerin als Projektleiterin beschäftigte C eine E-Mail an die Fa. A. Der E-Mail war ein Telefonat vorausgegangen. Die in der E-Mail getätigten Äußerungen sind Gegenstand des Eilantrags der Antragstellerin. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage AS5 Bezug genommen.

Die Antragstellerin behauptet, die Aussagen in der E-Mail über die "Konkurrenz" bezögen sich auf die Antragstellerin. Sie ist der Ansicht, es handele sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, die herabsetzend und verunglimpfend seien.

Die Antragsgegnerin behauptet, die Zeugin H habe zum Zeitpunkt des Telefonats und der E-Mail nicht gewusst, dass der Auftrag bereits der Antragstellerin erteilt worden sei oder dass hierfür nur die Antragstellerin in Betracht kommen konnte.

Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 23.7.2020 gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der es sinngemäße Aussagen nach den Verfügungsanträgen zu b) - f) untersagt hat. Die Anträge zu a) und g) hat es zurückgewiesen. Gegen die Teilzurückweisung des Antrags zu a) wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Urteil vom 15.10.2020 die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Eilantrag insgesamt zurückgewiesen. Der sofortigen Beschwerde hat es nicht abgeholfen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Antragstellerin die Anträge zu b) - f) weiter. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Die Antragstellerin beantragt,

1) unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden (Az: 13 0 1448/20) vom 15.10.2020 die Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte zu verurteilen,

es ab sofort zu unterlassen, im Geschäftsverkehr gegenüber Dritten folgende Behauptungen aufzustellen,

a) bei den Produkten der E GmbH fehlen mangels Zulassu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge