Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 81/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.07.2019; Aktenzeichen VI ZR 494/17)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Bundesbeauftragten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, zu behaupten/behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten/verbreiten zu lassen:

1. "Die letzte und vielleicht anspruchsvollste aktive Maßnahme der HV A/X im Rahmen des Objekt Vorgangs "Denver" war die Mitfinanzierung des Films "AIDS - die Afrikalegende" des [...] Claasen und des [...] Filmmachers Malte Rauch."

2. "Diese Studie zeigt, dass das MfS "ganz in der Nähe" des "Tatorts" in Aktion trat: [...] und bei der Mitfinanzierung eines Films für das westdeutsche und ausländische Fernsehen. [...] Die Unterstützung der HV A/X für den Film 1989 zeigte, [...];

3. "Nach der Beschreibung von Mutz und Pfeiffer kann es sich bei dem von der HV A/X mitfinanzierten Film nur um "Aids - die Afrikalegende" des Westdeutschen Dokumentarfilmer Malte Rauch und des Journalisten Heimo Claasen handeln",

wenn dies geschieht, wie in der Studie "Die AIDS-Verschwörung - Das Ministerium für Staatssicherheit und die AIDS-Desinformationskampagne des KGB" (Anlage K 4).

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 1.125,68 nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.6.2015 freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beschluss - einstweilige Verfügung - des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7.1.2015 - Az. 2-03 O 508/14 wird zu Ziffern 2 und 3 aufgehoben. Im Übrigen wird der Aufhebungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits und des Aufhebungsverfahrens haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen. Das Urteil ist in der Hauptsache hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 55.000,- und hinsichtlich des Freistellungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.500,- vorläufig vollstreckbar. Im Übrigen ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erstellte in den Jahren 1986 bis 1989 zusammen mit dem Journalisten Heimo Claasen den Film "AIDS - Die Afrikafegende", welcher von der malte rauch filmproduktion im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem WDR produziert wurde. Die Beklagte, die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (nachfolgend BStU), veröffentlichte im Jahr 2014 unter dem Titel "Die AIDS-Verschwörung - Das Ministerium für Staatssicherheit (nachfolgend MfS) und die AIDS-Desinformationskampagne des KGB" eine wissenschaftliche Studie der Autoren Dr. Douglas Selvage und Christopher Nehring. Darin sind die hier streitgegenständlichen Äußerungen enthalten, deren Unterlassung der Kläger verlangt. Ferner macht er Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend.

Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei der Frage der Finanzierung des Films handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, wobei die Beweislast für die Unwahrheit beim Kläger liege. Eine Änderung der Beweislastverteilung in Ansehung der Beweisregel des § 186 StGB komme nicht in Betracht, da die Äußerungen keine ehrenrührigen Aussagen gegenüber dem Kläger enthielten. Darin werde die (heimliche) Mitfinanzierung des von dem Kläger produzierten Films durch das MfS erörtert. An keiner Stelle werde jedoch vom BStU bzw. den Autoren der Studie die Behauptung aufgestellt, dass der Kläger von der Mitfinanzierung des Films bzw. heimlichen Subventionen durch das MfS positive Kenntnis gehabt habe oder in eine solche involviert gewesen sei. Aus dem fehlenden Vortrag einer positiven Kenntnisnahme folge auch nicht ein entsprechender verdeckter Vorwurf seitens der Beklagten. Ebenso wenig entstehe unter Würdigung des Gesamttextes beim Leser ein dahingehender Eindruck. Hierbei sei auch in den Blick zu nehmen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Darlegungslast substantiiert vorgetragen habe, aufgrund welcher Dokumente und deren wissenschaftlicher Behandlung sie zur Aufstellung der streitgegenständlichen Äußerungen gekommen sei. Zudem würden in dem Buch auch Gegenmeinungen angesprochen. Darüber hinaus habe die Beklagte auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Mitfinanzierung des Films durch ein "legales Dach" oder durch eine "Frontorganisation" der östlichen Parteien abgewickelt worden sein könne. Mangels ausreichender Substantiier...

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