Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücktritt wegen Sachmangels nur nach zweitem fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rücktritt vom Kauf wegen eines Sachmangels ist auch dann, wenn dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt worden ist, in der Regel erst dann möglich, wenn zwei Nachbesserungsversuche des Verkäufers nicht zur Beseitigung des Mangels geführt haben.

 

Normenkette

BGB § 323 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 440 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 15.01.2019; Aktenzeichen 9 O 990/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.08.2020; Aktenzeichen VIII ZR 351/19)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.1.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Hanau, 9. Zivilkammer, wird zurückgewiesen. Das Urteil des Landgerichts wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach erklärtem Rücktritt wegen Mängeln der Fahrzeuglackierung auf Rückzahlung des Kaufpreises für ein neu erworbenes Kraftfahrzeug abzüglich gezogener Nutzungen in Höhe von 17.437,50 Euro Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 12.9.2017 von der Beklagten einen Neuwagen Marke1 zu einem Kaufpreis von 18.750,- Euro. Die Bestellung nimmt auf die rückseitig abgedruckten Neuwagen-Verkaufsbedingungen des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V. (K1, Bl. 49 f. d.A.) Bezug. Mit Schreiben vom 14.5.2018 (Anlage K 4) rügte der Kläger verschiedene Mängel der Lackierung des Fahrzeuges an der Motorhaube, der A-Säule und am Heckdeckel und setzte der Beklagten zur Nachbesserung eine Frist bis zum 30.5.2018.

Mit Schreiben vom 28.5.2018 meldete sich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten und bot an, dass der Kläger einen Marke1-Vertragshändler seiner Wahl für die Besichtigung und Nachbesserung aufsuchen solle. Ferner fragte er an, ob der Kläger auch Garantieansprüche geltend mache.

Nach weiterer Korrespondenz, in der der Kläger klarstellte, ausschließlich Gewährleistungsansprüche geltend zu machen, verbrachte der Kläger nach einer Terminvereinbarung das Fahrzeug am 3.7.2018 zur Untersuchung zum Marke1 Center GmbH. Im Anschluss daran vereinbarten der Kläger und die Marke1 Center GmbH einen Termin zur Durchführung der Nachbesserung, die dann vom 14.8. bis 21.8.2019 stattfand. Einige Tage nach Abholung rügte der Kläger, dass die Mängel nicht vollständig beseitigt und die (teilweise) Neulackierung nicht fachgerecht ausgeführt sei. Zu einem bei einer weiteren Vorstellung des Fahrzeuges vereinbarten Termin zur Nacharbeit erschien der Kläger nicht. Mit Schriftsatz vom 24.9.2018 erklärte der Kläger sodann den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil einem Anspruch aus den §§ 437, 440, 323 i.V.m. §§ 346 ff. BGB auch bei unterstellter Mangelhaftigkeit der Lackierung entgegenstehe, dass keine erfolglose Nacherfüllung innerhalb angemessener Frist gegeben sei (§ 440 BGB). Ein Fehlschlagen der Nachbesserung sei nach der Regelung des § 440 S. 2 BGB erst nach einem erfolglosen zweiten Versuch gegeben. Hier habe der Kläger der Marke1 Center GmbH, welche nach Ziff. 2. a) der AGB die Nachbesserung für die Beklagte ausführen dürfe, jedoch keine weitere Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt, vielmehr sogar den vereinbarten weiteren Termin abgesagt. Die Einräumung einer weiteren Nachbesserungsmöglichkeit sei auch nicht ausnahmsweise nach Treu und Glauben i.S. von § 440 S. 1, 3. Alt. BGB ausgeschlossen. Denn die Marke1 Center GmbH habe eine zeitnahe weitere Nachbearbeitung in Aussicht gestellt, der Kläger gerate bei ordnungsgemäßer Nachbesserung der Lackierung auch nicht in den Verdacht verschwiegener Mängel und zudem habe die Beklagte auch noch nicht die in der Klageschrift gerügten weiteren Mängel einer Prüfung unterziehen können.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Der Kläger stellt klar, dass er - entgegen dem Landgericht - nicht die Art der Nacherfüllung wechsele, sondern nach dem zunächst erfolgten Nachbesserungsverlangen nach Erfolglosigkeit den Rücktritt erklärt habe. Er vertritt die Auffassung, dass die von ihm am 14.5.2018 bis zum 30.5.2018 gesetzte Frist zur Nacherfüllung schon deshalb "erfolglos" im Sinne von § 323 Abs. 1 BGB abgelaufen sei, weil der Beklagten bzw. der für sie tätig gewordenen Marke1 Center GmbH bis dahin eine Beseitigung des Mangels nicht gelungen sei. Zum einen sei bis zum Ablauf der gesetzten Frist...

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