Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsstrafeversprechen wegen urheberrechtswidriger Handlungen eines nicht gewerblich handelnden Verletzers

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich ein nicht gewerblich handelnder Verletzer (hier Kirchengemeinde), es bei Meidung einer festen Vertragsstrafe von 5.100 Euro zu unterlassen, ein auf seiner Webseite widerrechtlich eingestelltes Lichtbild öffentlich zugänglich zu machen, so kann die gebotene Auslegung des Vertragsstrafeversprechen im konkreten Einzelfalls unter Berücksichtigung der Grundsätze der §§ 133, 157 BGB ergeben, dass die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung nicht auch die Löschung des Lichtbildes aus dem Cache von Suchmaschinen umfassen sollte. (Abgrenzung zu BGH vom 18.09.2014, I ZR 76/13 - CT-Paradies).

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; UrhG §§ 97, 97a

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.12.2017; Aktenzeichen 2-3 O 198/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 7.12.2017 - Az. 2-03 O 198/17 - in Ziff. 2 des Tenors wie folgt abgeändert:

Es wird ferner festgestellt, dass der Beklagte gegen die Klägerin keinen über einen Betrag von 334,75 Euro hinausgehenden Erstattungsanspruch an außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten besitzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 5 % und der Beklagte 95 % zu tragen.

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte ist Urheber eines Lichtbildes, welches die Klägerin, eine Kirchengemeinde, im Rahmen einer Veranstaltungsankündigung auf ihrer Internetseite verwendet hatte.

Nach Abmahnung durch den Beklagten löschte die Klägerin das Bild umgehend von ihrer Website und von ihrem Server. Darüber hinaus verpflichtete sie sich mit vom Beklagten vorformulierter Unterlassungserklärung vom 7.3.2017 bei Meidung einer Vertragsstrafe von 5.100 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, das gegenständliche Lichtbildwerk "zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen". Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.3.2017 forderte der Beklagte die Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro wegen Verstoßes gegen die abgegebene Unterlassungserklärung auf, weil der Veranstaltungshinweis mit der streitgegenständlichen Photographie weiterhin bei einer Suche bei den Suchergebnissen der Suchmaschine Google angezeigt werde. Des Weiteren machte sie erneut ein Unterlassungsbegehren gegen die Klägerin mit erhöhtem Vertragsstrafeversprechen geltend sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.029,35 Euro (1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 15.000 Euro).

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass dem Beklagten weder ein Anspruch auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro noch auf Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten zustehe.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe gegen die Klägerin kein Anspruch auf die Vertragsstrafe zu. Der Kreis der durchschnittlich versierten Internetnutzer habe keine Kenntnis davon, dass Informationen, die bei einem Aufruf der aktuellen Suchergebnisse von der Suchmaschine "Google" nicht aufgezeigt, aber früher vorhanden gewesen seien, weiterhin als Abbild des früheren Standes einer Webseite "im Cache" gespeichert seien. Eine solche Suche "im Archiv" gerade im Hinblick auf einen nicht mehr aktuellen Veranstaltungshinweis der Klägerin werde ein interessierter Nutzer regelmäßig auch nicht anstellen. Im Übrigen sei es der Klägerin im vorliegenden Fall nicht zumutbar gewesen, in der kurzen Zeitspanne zwischen der Abgabe der Unterlassungserklärung am 7.3.2017 und der Überprüfung durch den anwaltlichen Vertreter des Beklagten am 22.3.2017 auch die Archive der gängigen Internetdienste darauf zu überprüfen, ob die beanstandete Abbildung dort noch auffindbar sei.

Auch aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung ergebe sich keine Beseitigungspflicht der Klägerin. Die Verpflichtung es zu unterlassen, die streitgegenständliche Photographie "zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen" könne nicht dahin ausgelegt werden, dass die Klägerin auch verpflichtet sein sollte, über ihre Webseite und ihren Server hinaus dafür zu sorgen, dass das beanstandete Lichtbild vollständig aus allen Auftrittsmöglichkeiten im Internet, namentlich den Internetsuchmaschinen und deren "Caches" entfernt würde. Im Gegensatz zu anderen Entscheidungen gehe es hier darum, ob der Urheberrechtsverletzer für die Beseitigung der Rechtsverletzung auf einer Plattform sorgen müsse, auf denen er das Lichtbild nicht eingestellt habe und zu deren Betreiber er auch nicht...

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