Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugsberechtigung. Lebensversicherungsvertrag. Nichtanfechtbarkeit. Versicherungsfall. Zur (Nicht-)Anfechtbarkeit einer versicherungsvertragsrechtlich unwiderruflich als Bezugsberechtigte eingesetzte namentlich. nicht benannten Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles mit dem Versicherungsnehmer/Erblasser verheiratet war. Anfechtung der Einräumung eines Bezugsrechts hinsichtlich einer Lebensversicherung zu Gunsten der Ehefrau. Anfechtbarkeit der unterbliebenen Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die versicherungsvertraglich als unwiderruflich bezeichnete Bezugsberechtigung der Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles mit dem Versicherungsnehmer (Erblasser) verheiratet ist, kann bei Einräumung des Bezugsrechts außerhalb des Vierjahreszeitraumes nicht nach § 134 InsO angefochten werden.

2. Die Nichtkündigung der Lebensversicherung durch den Versicherungsnehmer selbst ist keine anfechtbare Rechtshandlung.

 

Normenkette

InsO § 134

 

Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.10.2011; Aktenzeichen 13 U 90/11)

BGH (Beschluss vom 29.09.2011; Aktenzeichen IX ZB 106/11)

LG Darmstadt (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen 27 O 7/11)

BGH (Entscheidung vom 04.12.2007; Aktenzeichen VI ZB 73/06)

BGH (Entscheidung vom 25.04.2001; Aktenzeichen X ZR 229/99)

BGH (Entscheidung vom 17.09.1975; Aktenzeichen IV ZA 8/75)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. April 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu zahlen:

  1. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 288.099,07 für den Zeitraum vom 22. September 2009 bis einschließlich 16. März 2010;
  2. EUR 7.362,60 nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. November 2011;
  3. EUR 3.380,79 als Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreites im ersten Rechtszuge haben der Kläger 95 % und die Beklagte 5 % zu tragen.

Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 94 % und die Beklagte 6 % zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die klägerseits betriebene Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % hieraus leistet.

Die Klägerin darf die beklagtenseits betriebene Zwangvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 15 % hieraus abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 15 % hieraus leistet.

 

Gründe

I. Die Beklagte war die dritte Ehefrau des am 22. Februar 2009 verstorbenen Erblassers. Mit Beschluss des Amtsgerichts Darmstadt vom 9. Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Verstorbene war Versicherungsnehmer von vier zu Gunsten der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungen über EUR 262.000,00, EUR 7.772,94, EUR 18.326,13 sowie über EUR 126.747,95.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 focht der Kläger gemäß § 134 InsO das Bezugsrecht der Beklagten an und forderte diese auf, den Betrag von EUR 414.847,02 bis 18. Januar 2010 an ihn zu zahlen. Am 17. März 2010 zahlte die Beklagte an den Kläger EUR 288.099,07. Hinsichtlich der letztgenannten Versicherung über EUR 126.747,95 (Versicherer war hier die …) macht die Beklagte geltend, ihr sei ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. In dem maßgeblichen Versicherungsschein vom 31.01.1991 (Bl. 22 ff./38) wird unter der Überschrift „Leistungsempfänger”verlautbart:

„Im Todesfall der Ehegatte, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes verheiratet ist.

Sie haben ein unwiderrufliches Bezugsrecht verfügt.”

Mit bei Gericht am 10. Januar 2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Auskehrung des Versicherungsbetrages in Höhe von EUR 126.747,95 sowie Zins- und Kostenerstattungsansprüche verfolgt.

Der Kläger vertritt die Rechtsauffassung, der Beklagten sei entgegen deren Ansicht kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden.

Mit am 14. April 2011 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat die Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt zwar die Beklagte verurteilt, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 288.099,07 für den Zeitraum zwischen dem 22.09.2009 und 16.03.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 3.309,79 zu zahlen, aber die Klage auf Zahlung der EUR 126.747,95 nebst Zinsen mit der Begründung ab...

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