Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung, wenn der Tatrichter von der Aussage des einzigen Zeugen nicht überzeugt ist.

2. Zur Haftungsverteilung und der Prüfungsreihenfolge bei § 17 StVG, wenn bei feindlichem Grün der Unfallhergang nicht aufklärbar ist.

3. Bei Abrechnung nach Zahlung der Kaskoversicherung stellt der Selbstbehalt keine eigene Schadensposition dar, sondern ist die Differenz aus quotenbevorrechtigten Schadenspositionen wie dem Wiederbeschaffungswert und der Versicherungsleistung.

4. Klagt der Fahrer nicht nur eigene Ansprüche ein, sondern auch solche seiner als Beifahrerin verletzten Ehefrau, die ihm diese abgetreten hat, hat er Anspruch auf die gesamte Forderung ohne Kürzung um seinen Verursachungsanteil, weil sich die Beifahrerin eine Mitverursachung des Fahrers nicht anrechnen lassen muss.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 21.06.2011; Aktenzeichen 2 O 126/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und des Beklagten zu 1) wird das Urteil des LG Darmstadt vom 21.6.2011 abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.577,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2009 sowie 546,69 EUR an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.

Auf die Widerklage werden der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 1) 3.508,75 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.2.2009 sowie 402,82 EUR an vorgerichtlichen Kosten zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 35 % allein, die Beklagten als Gesamtschuldner 29 %, der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %, sowie der Beklagte zu 1) 18 % allein.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser 53 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 29 % sowie der Beklagte zu 1) 18 % allein.

Von den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten tragen diese 50 % sowie der Beklagte zu 1) 50 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen dieser 47 %, der Kläger 35 % sowie der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen diese 45 %, der Kläger 55 %.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 51 % allein, die Beklagten als Gesamtschuldner 31 %, der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen dieser 69 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 31 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten trägt diese selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen dieser 30 %, der Kläger 52 % sowie der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner 18 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen diese 37 %, der Kläger 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert für die erste Instanz wird auf 20.172,53 EUR und für die zweite Instanz auf 9.878,95 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über den Hergang des Verkehrsunfalls vom 12.1.2009, der sich an der Kreuzung ... -Straße abgespielt hat und an dem die bei der Beklagten zu 2) und der Drittwiderbeklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuge des Klägers und des Beklagten zu 1) beteiligten waren. Diese Parteien waren auch Halter der Fahrzeuge.

Beide Seiten behaupten, bei Grün in die Kreuzung eingefahren zu sein. Dabei kollidierte das Fahrzeug des Beklagten zu 1) auf der Vorderseite mit der rechten hinteren Seite des Fahrzeugs des Klägers. Der Kläger und seine Ehefrau, die Zeugin Z1, wurden durch den Unfall verletzt. Die Zeugin hat ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten. Der Kläger hat seine Kaskoversicherung in Anspruch genommen, die seine Schäden teilweise gezahlt und die dadurch auf sie übergegangenen Ansprüche an den Kläger zurück abgetreten hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG hat nach ausführlicher Beweisaufnahme der Klage und Widerklage jeweils zu 25 % stattgegeben und dazu ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme offen bleibe, welche Partei bei Rot in die Kreuzung eingefahren sei. Deshalb könne jede Seite Schadensersatz nur in Höhe der Betriebsgefahr von 25 % von der Gegenseite verlangen.

Das LG hat leichte Verletzungen bei dem Kläger und seiner Ehefrau festgestellt, für die es jeweils ein Schmerzensgeld von 500 EUR für angemessen erachtet hat.

Hinsichtlich der Schadenspositionen im Einzelnen wird auf die Begründung in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.

Hiergegen richten sich die Parteien mit der jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Begehren weiter und meint, aus der Beweisaufna...

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