Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast für Vorteilsausgleich in Diesel-Fällen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung liegen grundsätzlich beim Schädiger.

2. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Fahrzeugkäufer Nutzungen in Gestalt von gefahrenen Kilometern gezogen hat. Hinsichtlich der Höhe der Nutzungen trifft den Käufer eine sekundäre Darlegungslast.

3. Der Käufer genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er entsprechenden Vortrag zur Laufleistung hält. Er ist nicht zur Benennung von Zeugen oder zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet.

 

Normenkette

BGB § 826; ZPO §§ 286-287

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.10.2019; Aktenzeichen 2-14 O 417/18)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.10.2019 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt,

1. an den Kläger EUR 17.145,33 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Golf 2.0 TDI Comfortline mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... einschließlich Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.12.2018 zu zahlen;

2. an den Kläger für außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten EUR 1.100,51 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.12.2018 zu zahlen;

Es wird festgestellt, dass die Verurteilung zu 1. aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrührt.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben zu 93 % die Beklagte und zu 7 % der Kläger zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis im erstinstanzlichen Termin vom 30.4.2019 bedingten Kosten, welche der Kläger alleine zu tragen hat.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 18.350,00 festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen eines Fahrzeugkaufs im Zusammenhang mit dem "VW-Diesel-Skandal".

Der Kläger erwarb am 18.11.2013 einen gebrauchten VW Golf VI 2.0 TDI Comfortline zum Preis von 18.680,- EUR brutto. Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 9.080 km auf. Es ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 ausgestattet.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erkannte in der Motorsteuerungssoftware dieses Fahrzeugtyps eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete einen Rückruf an. Das Fahrzeug des Klägers war Gegenstand dieser Rückrufaktion. Der Kläger ließ das mit dem KBA abgestimmte Software-Update der Beklagten aufspielen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Versäumnisurteil vom 30.4.2019 abgewiesen. Auf den Einspruch des Klägers hat es das Versäumnisurteil mit Urteil vom 15.10.2019 aufrechterhalten. Es hat ausgeführt, der Kläger sei hinsichtlich der gezogenen Nutzungen beweisfällig geblieben.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufungen des Klägers. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 2-14 0 417/18 vom 15.10.2019 aufzuheben;

2. das Versäumnisurteil des Landgerichts Frankfurt am Main zum Aktenzeichen 2-14 0 417/18 vom 30.04.2019 aufzuheben;

3. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs der Marke VW mit der Fahrgestellnummer ... an den Kläger 18.680,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent seit dem 18.11.2013 bis zum 28.09.2018 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.09.2018 zu zahlen,

hilfsweise,

Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs der Marke VW mit der Fahrgestellnummer ... an den Kläger 18.349,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus 18.680,00 EUR vom 18.11.2013 bis zum 28.09.2018 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 18.349,21 EUR seit dem 29.09.2018 zu zahlen;

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 3.) genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet;

5. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten seines außergerichtlichen Vorgehens in Höhe von 1.100,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.09.2018 zu erstatten;

6. festzustellen, dass der Klageantrag zu 3.) aus einer vorsätzlichen unerlaubten ...

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