Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgfaltspflichten des Bankkunden bei der Aufbewahrung von Scheckkarten

 

Normenkette

BGB § 276

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 8 O 37/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 26.8.1999 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.494,49 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.10.1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte ist mit 11.494,49 DM beschwert.

 

Tatbestand

Der Kläger verbrachte mit seiner Familie sechswöchige Sommerferien in Südfrankreich; man reiste im Wohnmobil. Den laufenden Bargeldbedarf deckte man mit Hilfe der ec-Karte der Ehefrau des Klägers. Die ec-Karte des Klägers selbst hatte man ebenfalls mitgenommen; der Kläger hatte sie in einer rückwärtigen Ecke des Wohnmobils in einem Stiefel versteckt.

Im letzten Urlaubsdrittel – 17. 8. bis 31.8.1998 – wurden mit seiner ec-Karte an verschiedenen Geldautomaten in Südfrankreich insgesamt fast 31.500 DM abgehoben.

Am Abend des Ankunftstages in Deutschland, dem 31.8.1998, holte der Kläger Kontoauszüge von seiner Bank ab und nahm Kenntnis von den Abhebungen; er ließ die ec-Karte sofort sperren.

Die Beklagte verbuchte die abgehobenen Beträge zu Lasten des Girokontos des Klägers. Einen Teilbetrag von 20.000 DM ersetzte ein Versicherer. Die Differenz verlangt der Kläger von der Beklagten zurück.

Beide Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die ec-Karte am 17.8.1998 gestohlen wurde. An diesem Tage hatte der Kläger mit seiner Familie einen Ausflug zu einem Badestrand unternommen. Das Wohnmobil hatte er in der Nähe abgestellt. Als man vom Baden zurückkam, erschien dem Kläger die Zugangstür zum Wohnbereich des Wagens etwas schwergängig. Da aber ein offen auf dem Tisch liegendes Notebook und eine daneben zurück gelassene Kamera noch an ihren Plätzen lagen, schloss der Kläger einen ersten Verdacht, es könnte eingebrochen worden sein, sogleich wieder aus. Er führte die Schwergängigkeit der Tür auf Hitzeeinwirkung zurück.

Die Beklagte trägt vor, gegen den Kläger spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er die persönliche Geheimzahl zur ec-Karte entweder auf der Karte selbst oder auf einem ihr beigegeben Zettel notiert habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger kann der beklagten Bank Auszahlung des umstrittenen Teils aus seinem – früheren – Guthaben verlangen; die beklagte Bank hat die Summen, die im Zeitraum vom 17. bis zum 31.8.1998 an Geldautomaten in Südfrankreich dem äußeren Bilde nach vom Konto des Beklagten abgehoben wurden, zu Unrecht zu dessen Lasten verbucht.

1. Der den umstrittenen Buchungen zu Grunde liegende Girovertrag ist ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag; aus ihm kann der Kläger Auszahlung des Guthabens verlangen, wie es sich auf der Grundlage seiner Verfügungen über das Konto darstellt (§§ 667, 675 BGB; BGHZ 121, 106 BGHZ; 145, 339 f.).

Die Abhebungen, auf deren Grundlage die umstrittenen Buchungen erfolgt sind, waren nicht durch Verfügung – Weisung – des Beklagten gedeckt. Dies ist im Tatsächlichen im Senatstermin v. 7.12.2001 unstreitig geworden; im Rechtlichen folgt daraus, dass die Beklagte wegen ihrer gegenüber den Betreibern der jeweiligen Geldautomaten angefallenen Aufwendungen keinen Ersatz vom Kläger verlangen kann, weil die Abhebungen nicht auf Grund wirksamer Weisungen des Klägers, vielmehr unbefugt erfolgt sind (§§ 670, 675 Abs. 1, 665 BGB; BGHZ 130, 91; BGHZ 145, 340).

2. Die Beklagte konnte das, was sie zu Lasten des Girokontos des Klägers verbucht hat, auch nicht dem Werte nach als Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung beanspruchen. Solches würde – auf der Grundlage der vertraglichen Eingrenzung des Verschuldensmaßstabes auf Fälle grober Fahrlässigkeit (Ziff. II 2.4 der Sonderbedingungen für die Bankcard ec der Beklagten) – voraussetzen, dass der Kläger grob fahrlässig vertragliche Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten verletzt hätte. Das aber hat sich nicht feststellen lassen; dies muss zu Lasten der beklagten Bank ausschlagen, da sie die Beweislast für den tatsächlichen Eintritt der zitierten Haftungsvoraussetzungen trägt. So ergibt es sich unmittelbar aus der in 2 Ziff. 2.4 ihrer Bedingungen gewählten Formulierung „sofern der Karteninhaber seine …pflichten nicht grobfahrlässig verletzt hat.”

3. Eine Haftung des Klägers ergibt sich nicht aus der Tatsache, dass er seine Scheckkarte in dem von ihm abgestellten Wohnmobil unbeaufsichtigt zurückließ, um mit seiner Familie an den Strand zu gehen. In diesem Vorgehen lag zwar eine objektive Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. II 6.2, III 2.4 der Sonderbedingungen für die Bankcard ec festgehaltenen Verpflichtung, die ec-Karte nicht unbeaufsichtigt im Kraftfahrzeug aufzubewahren. Diese Verpflichtung aber hat der Kläger nicht grob fahrlässig verletzt; ihm ist in dieser Hinsicht nicht einmal der Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit zu machen.

Der Fah...

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