Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenerbrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nach § 1933, 1 BGB erforderliche Zustimmung zum Scheidungsbegehren kann auch durch einen Schriftsatz des bevollmächtigten Rechtsanwalts erklärt werden.

2. Die Zustimmungserklärung nach § 1933,1 BGB muss nicht durch den Gebrauch des Wortes „Zustimmung” erklärt werden.

3. § 630 I Nr. 3 ZPO kann nicht als Voraussetzung des Ausschlusses des Ehegattenerbrechts gem. § 1933 BGB angesehen werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1933, 1933 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 29.06.1988)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 29. Juni 1988 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 5.000,– DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft geleistet werden.

Beschwer der Klägerin: 17.600,– DM.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten, ihrer Tochter aus erster Ehe, einen aus dem Ehegattenerbrecht (§ 1931 Abs. 2 BGB) abgeleiteten Pflichtteilsanspruch (§ 2303 Abs. 2 BGB) geltend. Sie war mit dem um den 17.01.1987 gestorbenen …, der sonstige Erbberechtigte nicht hinterlassen hat, in zweiter Ehe kinderlos verheiratet. Dieser hatte die Beklagte durch notarielles Testament vom 29.07.1986 (Bl. 9 f d. A.) zu seiner Alleinerbin eingesetzt.

Die Klägerin und der Erblasser lebten seit August 1985 getrennt, nachdem die Klägerin von der gemeinsamen ehelichen Wohnung in … in die jetzt von ihr innegehaltene Wohnung in … umgezogen war. Die Klägerin hatte durch Antragsschrift vom 10.07.1986 – dem Prozeßbevollmächtigten des Erblassers am 23.09.1986 zugestellt – ein Scheidungsverfahren rechtshängig gemacht (Aktenzeichen F 188/86 Amtsgerichts Michelstadt). Bereits in der Antragsschrift hatte sie angegeben, daß der Erblasser der Scheidung zustimme. Mit Legitimationsschriftsatz vom 09.09.1986 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Erblassers dem Familiengericht mit: „Der Beklagte tritt dem Scheidungsantrag nicht entgegen.” In einem weiteren nach Rechtshängigkeit eingegangenen Schriftsatz vom 03.10.1986 teilte der Prozeßbevollmächtigte des Erblassers erneut mit: „…tritt der Antragsgegner dem Scheidungsantrag weiterhin nicht entgegen.”

Zu dem auf den 05.02.1987 anberaumten Verhandlungstermin ist es wegen des Todes des Erblassers nicht mehr gekommen; vielmehr ist der Rechtsstreit durch Beschluß vom 23.01.1987 für erledigt erklärt worden.

Wegen der Gegenstände, die sich im Nachlaß befunden haben, wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin hat unter Zugrundlegung land- und forstwirtschaftlichen Geländes sowie verschiedener Bankguthaben des Erblassers im Gesamtwert von 35.200,– DM entsprechend der Zusammenstellung auf Seite 3 unten des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils (Bl. 67 d. A.), jedoch unter ausdrücklicher Nichtberücksichtigung eines Hausgrundstücks in … als Teilbetrag eines Pflichtteilsanspruchs die Hälfte des oben genannten Betrags geltend gemacht.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 17.600,– DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.

Sie hat die Ansicht vertreten, ein Pflichtteilsanspruch stehe der Klägerin nicht zu; er sei gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen, weil sie Scheidung der Ehe beantragt und der Erblasser dem zugestimmt habe.

Die Klägerin ist dieser Auffassung entgegengetreten. Sie hat gemeint, die Erklärung, dem Scheidungsbegehren nicht entgegentreten zu wollen, sei keine Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift.

Im übrigen haben die Parteien unterschiedliche Auffassungen zum Nachlaßwert und zur Art. seiner Berechnung geäußert.

Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den dort vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage durch sein Urteil vom 29.06.1988 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein auf die Hälfte des Nachlasses gehender Pflichtteilsanspruch zu, da die Klägerin ohne die testamentarische Erbeinsetzung der Beklagten Alleinerbin geworden wäre. Dieser Anspruch sei nicht durch § 1933 BGB ausgeschlossen; denn in der Erklärung des Erblassers, dem Scheidungsantrag nicht entgegentreten zu wollen, sei keine Zustimmung im Sinne dieser Vorschrift zu sehen. Wegen der weitreichenden rechtlichen Folgen der Zustimmungserklärung sei eine streng formale Betrachtungsweise des Begriffs „Zustimmung” am Platze und eine erweiternde Auslegung unangebracht. Weiter nimmt das Landgericht noch Berechnungen zur Höhe des Pflichtteils vor, die mit dem Ergebnis abschließen, daß der Klägerin jedenfalls der geforderte Teilklagebetrag zustehe.

Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wi...

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