Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachehelicher Ehegattenunterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Liegen ehebedingte Nachteile vor, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte bis zum Eintritt in das Rentenalter nicht ausgleichen kann, ist eine Befristung des auf den angemessenen Bedarf herabgesetzten Unterhalts nicht vorzunehmen. Solche ehebedingten Nachteile können darin liegen, dass eine gesicherte, beamtengleiche Stellung zugunsten der Haushaltsführung und Kindererziehung aufgegeben wurde, die eine höhere Vergütung gewährleistete, als sie in vergleichbarere Stellung in der Privatwirtschaft erzielbar ist.

 

Normenkette

BGB § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Urteil vom 13.05.2009; Aktenzeichen 522 F 675/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG - Familiengerichts - Kassel vom 13.5.2009 (Az. 522 F 675/08) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung zur Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts.

Sie haben am ... 1972 geheiratet., im Jahr 1975 wurde ein Sohn geboren. Die Ehe ist nach Trennung im Jahr 1987 am ... 1989 geschieden worden. Anlässlich des Scheidungstermins vereinbarten die Parteien die Zahlung eines nachehelichen Ehegattenunterhalts i.H.v. 1.075,77 DM (550,03 EUR) auf der Basis beiderseitiger Einkünfte aus Erwerbstätigkeit. Für den Kläger ist ein Einkommen i.H.v. 3.855,13 DM, für die Beklagte eines i.H.v. 740 DM netto angenommen worden.

Am 13.3.1997 haben die Parteien in einem weiteren Vergleich vor dem AG Kassel (Az.: 541 F 40/97) vereinbart, dass es bei der ehedem titulierten Unterhaltsverpflichtung bleiben soll; die vom jetzigen Kläger erhobene Abänderungsklage und die von der Beklagten erhobene Widerklage wurden nicht weiter verfolgt. Im Vergleich vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte sich um eine vollschichtige Stelle bemühen und dem Kläger auf Anfrage Nachweise zu diesen Bemühungen erbringen sollte. Dazu kam es in der Folgezeit nicht, weil der Kläger keine Nachweise anforderte.

Mit der nun anhängigen Klage hat der Kläger die Feststellung verlangt, nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet zu sein.

Der Kläger war bis zur Scheidung als Versicherungsvertreter für die B in O1 tätig und stand im Innendienst fünf bis sechs Mitarbeitern vor. Ab 1989 war er im Außendienst in O2 beschäftigt. 1991 konnte er die Gebietsdirektion in O3 übernehmen, 1994 wechselte er nach O4. 1995 sind die Gebietsdirektionen O3 und O4 zusammengelegt worden, seither ist der Kläger der Leiter dieser Regionaldirektion. Die Einkünfte aus dieser Tätigkeit hat der Kläger im Verfahren nicht angeben.

Der Kläger hat im Jahr 1990 erneut geheiratet; diese Ehe blieb kinderlos. Von seiner zweiten Ehefrau lebt er seit Dezember 2006 getrennt.

Die Beklagte hat 1970 die Prüfung zur Apothekenhelferin bestanden und bis 1972 in einer Apotheke gearbeitet. Ab April 1972 war sie als Sachbearbeiterin bei der X-kasse beschäftigt. Diese Stelle hat sie wegen der Geburt des gemeinsamen Kindes aufgegeben. Sie war in der Folgezeit neben der Betreuung des Kindes gelegentlich teilzeitbeschäftigt. Nach der Trennung der Parteien arbeitete sie von 1989 bis 1996 vollschichtig in der Y-Apotheke in O1. Sie wechselte 1996 für drei Monate auf eine Halbtagsstelle in die Z-apotheke, nachdem die Y-Apotheke nach dem Tod des Inhabers geschlossen worden war. Da ein Ausbau der Tätigkeit dort nicht möglich war, nahm sie eine 2/3-Stelle bei der Firma C an, wo sie im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses 1997 monatlich 2.200 DM (Bl. 34d. beigezogenen Akte 541 F40/97) und zuletzt 1.700 EUR brutto verdiente. Diese Stelle ist ihr im Jahr 2006 gekündigt worden. Sie erhielt im Kündigungsschutzprozess eine Abfindung i.H.v. rund 11.000 EUR netto. Nach einigen Monaten der Arbeitslosigkeit fand sie eine volle Stelle bei der Firma D mit einem Nettogehalt i.H.v. 1.057 EUR. Ab dem 30.4.2009 ist die Beklagte nun arbeitslos und steht im Bezug von Arbeitslosengeld I.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Änderung des Unterhaltsrechts rechtfertige es, eine Befristung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten vorzunehmen; im Ergebnis schulde er seit Februar 2008 keinen Unterhalt mehr. Er sei zwar in Höhe des titulierten Unterhaltsanspruchs leistungsfähig. Es seien jedoch nicht seine tatsächlichen Einkünfte zu berücksichtigen. Der Kläger behauptet, seine Beförderung zum Gebietsleiter stelle einen nachehelichen Karrieresprung dar, so dass die Beklagte nicht an den daraus resultierenden deutlich höheren Einkünften partizipieren dürfe. Stattdessen sei für die Ermittlung des eheprägenden Bedarfs von dem Einkommen auszugehen, das er als Vertreter bei der B erzielen könnte. Er behauptet, dass er in einer Stellung als Büroleiter 3.254 EUR brutto verdienen könnte. Setze man davon seine monatlichen Verbindlichkeiten (158,38 EUR Leasingrate für einen Pkw, 75,83 EUR private Zusatzkrankenversicherung, 150 EUR zusätzliche Altersvorsorge, 31,29 EUR Kfz-Haftpflichtversicher...

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