Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

 

Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen des § 211 Satz 1 BGB ist im Falle mehrerer Erben nicht auf die Annahme der Erbschaft durch den letzten Erben, sondern auf die Annahme der Erbschaft durch den Miterben abzustellen, der im Einzelfall in Anspruch genommen wird.

 

Normenkette

BGB §§ 203, 211 S. 1 Alt. 1, §§ 2303, 2332 Fassung: 2002-01-02

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 20.03.2012; Aktenzeichen 5 O 1562/11)

BGH (Aktenzeichen IV ZR 348/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.06.2014; Aktenzeichen IV ZR 348/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.3.2012 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Kassel wird zurückgewiesen.

Das am 20.3.2012 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Kassel wird für ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar erklärt. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gesamten aus dem Urteil der 5. Zivilkammer des LG Kassel vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gesamten aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Bei der Klägerin handelt es sich um die leibliche Tochter des am ... 1919 geborenen und am ... 2004 verstorbenen X, zuletzt wohnhaft ... Straße, Stadt1.

Die Klägerin hat einen Bruder, Herrn Y. Weitere Abkömmlinge des Erblassers existieren nicht.

Der Erblasser war in erster Ehe mit der Mutter der Klägerin verheiratet, in zweiter Ehe mit Frau A, geb. B. Mit Frau A schloss der Erblasser am ... 1976 einen Erbvertrag (UR-Nr .../1976 des Notars N, Stadt2). Frau A verzichtete in diesem Erbvertrag auf das Erb- und Pflichtteilsrecht nach dem Erblasser. Mit notariellem Testament (UR-Nr .../1992 des Notars N, Stadt2) vom ... 1992 setzte der Erblasser sodann die Klägerin und ihren Bruder Y zu seinen Erben ein und traf weitere letztwillige Verfügungen. In der Folgezeit ergänzte der Erblasser mehrmals in notarieller Form seine letztwilligen Verfügungen. In einem Testament vom ... 1994 ordnete der Erblasser die Testamentsvollstreckung und die Ernennung des Herrn C zum Testamentsvollstrecker an. Zudem traf er in einem Testament vom ... 1992 Teilungsanordnungen. Die Klägerin wurde sowohl hierdurch als auch durch den Erbvertrag vom ... 1976 mit einem Vermächtnis beschwert. Sie schlug deshalb gegenüber dem Nachlassgericht ihr Erbe aus.

Die die Klägerin beeinträchtigenden Verfügungen in dem Erbvertrag und den nachfolgenden Testamenten, welche zu ihrer Erbausschlagung führten, wurden der Klägerin am 28.10.2004 bekanntgegeben.

Das AG Melsungen als zuständiges Nachlassgericht teilte dem Vertreter der Klägerin am 6.3.2007 mit, dass die Beklagten als Miterben feststünden. Die Ermittlung weiterer Erben sei noch nicht abgeschlossen. Wegen des näheren Inhalts dieses Schreibens, das bei dem Vertreter der Klägerin am 12.3.2007 eingegangen ist, wird auf die als Anlage K7 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 31 Bd. I) Bezug genommen.

Mit Schreiben des Klägervertreters an die Beklagten vom 2.4.2007 erklärte dieser, dass dem Grunde nach für die Klägerin Pflichtteilsansprüche erhoben würden und verlangte Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Wegen des näheren Inhalts des Schreibens wird auf die als Anlage B1 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 136 f. Bd. I) verwiesen. Mit Schreiben vom 3.5.2007 teilten die Beklagten der Klägerin mit, dass sie bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft eine Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten über ihre Anteile am Nachlass hinaus gem. § 2059 BGB verweigern würden. Weiter wiesen sie in diesem Schreiben darauf hin, dass es nicht in ihrem Sinne sei, die berechtigten Ansprüche der Pflichtteilsberechtigten zu beeinträchtigen. Wegen des näheren Inhalts dieses Schreibens wird auf die als Anlage B2 zur Akte gereichte Kopie (Bl. 138 f. Bd. I) Bezug genommen.

Unter dem 31.7.2008 strengte die Klägerin ein schiedsgerichtliches Verfahren gegen die Beklagten an. Die Schiedsanträge wurden den Beklagten jeweils am 4.8.2008 zugestellt.

Mit Schreiben vom 19.11.2008 (Anlage B9, Bl. 151 Bd. I) erklärten die Beklagten gegenüber dem Klägervertreter, dass sie "auf die Einrede der Verjährung verzichten, soweit nicht bereits Verjährung eingetreten ist".

In der Folgezeit veräußerten alle sonstigen Miterben ihre Erbteile an die Beklagten. Der Aktivnachlass setzt sich aus Immobilien, deren Bewertung im Einzelnen streitig ist, und von dem im Umfang streitige Abzüge vorzunehmen sind, zusammen. Die Erbengemeinschaft nach dem Vater der Klägerin ist noch nicht auseinandergesetzt.

Die Bekla...

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