Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsverstoß: Verletzung der Tarifpflicht für Taxis durch Taxivermittler

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vermittler von Taxiaufträgen, der einen Teil des zu zahlenden Festpreises für den Fall übernimmt, dass der Fahrgast bestimmte, mit dem Vermittler vertraglich verbundene Taxiunternehmen beauftragt, ist unter dem Gesichtspunkt der Anstiftung und Teilnahme für den bei diesem Geschäftsmodell stattfindenden Wettbewerbsverstoß der beteiligten Taxiunternehmen verantwortlich; dies gilt auch dann, wenn den Taxiunternehmen der Festpreis in voller Höhe zufließt.

 

Normenkette

UWG §§ 3, 3a; PBefG § 39 Abs. 3, § 51 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.01.2016; Aktenzeichen 3-6 O 72/15)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.03.2018; Aktenzeichen I ZR 34/17)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.1.2016 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungstenor folgenden Wortlaut erhält:

Der Beklagten wird es untersagt - bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung - im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Geltungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes im Verkehr mit Taxen Fahrgästen, die eine Taxifahrt über die Taxi-Bestell-App "A" bestellt haben und/oder den Fahrpreis über die Taxi-Bestell-App "A" zahlen, einen Preisnachlass auf den Fahrpreis, der dem amtlich festgesetzten Taxitarif entspricht, in Form einer Gutschrift bzw. eines Gutscheins zu gewähren, wenn die Taxifahrt innerhalb des Geltungsbereichs der amtlich festgesetzten Tarife durchgeführt wurde, wenn dies geschieht, wie aus Anlage B 1 ersichtlich.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil sowie dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird - beschränkt auf die Entscheidung über die Klage - zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen des Sachverhalts wird gem. § 540 I Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Diese werden lediglich zum besseren Verständnis des Berufungsurteils wie folgt zusammengefasst:

Die Klägerin ist ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von Taxizentralen in Großstadt1, Großstadt2, Großstadt3 und anderen Städten in Deutschland. Ihr Unternehmensgegenstand ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitgliedsunternehmen. Die Klägerin betreibt zu diesem Zweck die so genannte Taxi-Bestell-App "B" und den mobilen Taxibestellruf "...". Es ist umstritten, ob die Vermittlungsleistungen der Klägerin bundesweit verfügbar sind.

Die Beklagte betreibt die Vermittlung von Taxi-Dienstleistungen mit Hilfe der dafür entwickelten Smartphone-App "A". Auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wird verwiesen (Anlage B 11).

Anlass und Streitgegenstand sind vier mehrwöchige sog. Bonusaktionen der Beklagten vom Dezember 2014, vom Mai, Juli und November 2015. Die Bonusaktionen der Beklagten wurden im Dezember 2014 nur in Großstadt3 und im Jahr 2015 in mehreren deutschen Großstädten, darunter Großstadt3, Großstadt4, Großstadt2 und Großstadt1 durchgeführt.

Bei den Bonusaktionen vom 1. - 12.12.2014 und vom 4. - 17.5.2015 berechnete die Beklagte den bei ihr registrierten Nutzern, die ein bei der Beklagten angeschlossenes Taxi über die Taxi-App bestellt und den Fahrpreis bargeldlos über die Taxi-App durch Belastung der hinterlegten Kreditkarte oder über das Zahlungsinstrument "PayPal" bezahlten, lediglich die Hälfte des vom Fahrpreisanzeiger des Taxis ermittelten Fahrpreises. Dem angeschlossenen Taxiunternehmer, der die Fahrt durchgeführt und seine Zahlungsansprüche gegen die Fahrgäste an die Beklagte abgetreten hatte, erstattete die Beklagte den vollen Fahrpreis unter Anrechnung ihrer Vermittlungsgebühren. Auf die in Anlage B 1 wiedergegebenen gemeinsamen Aktionsbedingungen der Beklagten für die " 50 % - Bonusaktion X vom 04.05.-17.05.2017" wird verwiesen.

Bei der Rabattaktion vom 7. - 21.7.2015 wurden die Taxifahrten dergestalt abgerechnet, dass der Fahrgast von der Beklagten eine Quittung erhielt, die den die Fahrt ausführenden Taxiunternehmer als Rechnungssteller auswies. Die Taxifahrt wurde mit Start- und Zieladresse aufgeführt und der volle Fahrtpreis als Bruttobetrag angegeben. Hiervon wurde die Hälfte des Betrags mit der Bemerkung "Abrechnung Gutschein xxx" abgezogen, so dass als fälliger und vom Fahrgast zu zahlender Gesamtbetrag die Hälfte des ermittelten Fahrtpreises ausgewiesen wurde. Diesen Fahrtpreis zog die Beklagte über die vom Fahrgast bei ihr hinterlegte Kreditkarte bei ihm ein. Exemplarisch wird auf die mit der Klageschrift vo...

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