Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Zwischenurteil vom 10.10.1996; Aktenzeichen 2/20 O 289/92)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.10.1996 verkündete Zwischenurteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 700.000,– DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Wert der Beschwer beträgt 39.339.000,89 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für Ansprüche, die die Kläger als Gesamtgläubiger aus einem Bauvertrag gegen die Beklagte geltend machen.

Die Kläger, 5 Kapitalgesellschaften mit Sitz in … schlossen sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen … zusammen, deren Vertretung nach außen die Klägerin zu 1) übernahm. Am 25.1.1981 vereinbarten die Kläger mit der Beklagten den Bau eines zivilen Staudammes in … zum Preis von rund 3 Milliarden DM. Der Staudamm sollte der Bewässerung, dem Hochwasserschutz und der Energieversorgung dienen.

Das Vertragswerk umfaßt allgemeine und spezielle Bedingungen. In Teil I (allgemeine Bedingungen) heißt es in der Klausel 72 (Bl. 193 d.A.): „Der Vertrag und dessen Auslegung unterliegt den im … anwendbaren Gesetzen, Bestimmungen und Verordnungen. Die … Gerichte sind ausschließlich für die richterliche Entscheidung bezüglich aller im Zusammenhang mit dem Vertrag entstehenden Prozesse und Gerichtsverfahren zuständig”.

Nach der Klausel 62.1.3 Appendix 1 zu Teil II (spezielle Bedingungen Bl. 28–33 d.A.) ist der Teil des Werklohns, den die Beklagte in Deutscher Mark zu leisten hat, auf ein deutsches Konto der Kläger in … zu überweisen. In … werden die Bücher von … zur Kontrolle der Zahlungseingänge geführt.

Nach der Klausel Nr. 69 der allgemeinen Bedingungen (Bl. 190–192 d.A.) und der Klausel 69 Appendix 1 zu Teil II (spezielle Bedingungen, Bl. 194–195 d.A.) sind sämtliche Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten, die zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer aus oder im Zusammenhang mit dem Vertrag oder der Durchführung der Arbeiten entstehen, an „den Ingenieur” zu verweisen, der innerhalb einer Frist von 90 Tagen nach entsprechender Aufforderung durch eine der Parteien seine Entscheidung mitzuteilen hat. Nach näher bestimmten Voraussetzungen kann die Angelegenheit sodann an einen Schiedsausschuß verwiesen werden, dessen Verfahren der Vergleichs- und Schiedsordnung der internationalen Handelskammer von Paris unterliegt.

Die Kläger arbeiteten von 1981 bis 1989 an dem Staudammprojekt. Die den Abrechnungszeitraum von November 1987 bis Juni 1989 betreffenden Rechnungen der Kläger wurden von der Beklagten bezahlt mit Ausnahme des Anteils, der in deutscher Währung zu leisten war. Ein in deutscher Währung zu leistender Teil der Forderung der Kläger ist Gegenstand der Klage. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, das Landgericht Frankfurt sei örtlich und international als Ort des Vermögens nach § 23 ZPO zuständig. Als Vermögen der Beklagten sei das Guthaben der Zentralbank der … anzusehen, welche – unstreitig – über ein Bardepot in Höhe von 5 Mio DM bei der … Bank in Frankfurt am Main sowie über Guthaben und Forderungen von ebenfalls 5 Mio DM gegenüber der … Bank in Frankfurt am Main verfügt. Diese Vermögenswerte dienten als Sicherheit für Akkreditive zu Gunsten der Beklagten. Die Akkreditive waren von der … und der … Bank bestätigt worden. Die … hat außerdem Guthaben bei der … in Frankfurt am Main. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß das Vermögen der … der Beklagten zuzurechnen sei. Aus dem irakischen Gesetz Nr. 64 vom 29.5.1976 (Bl. 219–250 d.A.) ergebe sich, daß es sich bei der … um eine staatsunmittelbare Institution handele, die keine von der Beklagten zu unterscheidende juristische Person sei. Die Zuständigkeit sei ferner als internationale Notzuständigkeit begründet. Der Rechtsverfolgung der Kläger im Irak stehe das irakische Gesetz Nr. 57 vom 16.9.1990 (RIW 90, 935) entgegen. Jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung im Oktober 1992 sei den Klägern eine Rechtsverfolgung vor einem irakischen Gericht unzumutbar gewesen. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt werde nicht durch die vertragliche Schiedsklausel ausgeschlossen. Die Schiedsklausel umfasse nicht den vorliegenden Fall einer schlichten Zahlungsverweigerung. Jedenfalls sei die Erhebung der Einrede des Schiedsvertrages durch die Beklagte treuwidrig, weil sich die Beklagte in dem Schiedsverfahren vor der internationalen Handelskammer in Paris, in welchem die Kläger andere Forderungen in Höhe von etwa 730 Mio DM geltend machen, gegen die Zulässigkeit jenes Verfahrens gewendet haben.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesam...

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