Leitsatz (amtlich)

1. Das Markenrecht hat Vorrang bei der Verfolgung von Produktnamen für Markenduft-Imitate, denen die Fachkreise wegen der Anlehnung an die Originalbezeichnung angeblich einen Hinweis auf den jeweils nachgeahmten Markenduft entnehmen.

2. Selbst wenn man in der Verwendung eines solchen "Übersetzungscodes" für Fachkreise einen Fall vergleichender Werbung sehen wollte, handelte es sich nicht um eine von § 2 Abs. 2 Nr. 6 UWG a.F. erfasste "offene" Imitationswerbung.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.07.2003; Aktenzeichen 2-6 O 266/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen I ZR 169/04)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 2.7.2003 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Beschwer: 480.000 Euro.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Markenparfums. Die Beklagte zu 1) vertreibt unter der Dachmarke "Z." niedrigpreisige Duftwässer, in denen die Klägerin Imitationen bekannter Markendüfte sieht. Die Beklagten zu 2) und 3) sind Gesellschafter der Beklagten zu 4), einer GbR, die als Großabnehmerin der Beklagten zu 1) deren Produkte in Deutschland vertreibt.

Die Klägerin beanstandet unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Imitatwerbung (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 UWG) den Gebrauch von Produktbezeichnungen, die nach ihrer Einschätzung i.V.m. der Dachmarke "Z." einen Hinweis auf einen jeweils nachgeahmten Markenduft geben. Im einzelnen wendet sich die Klägerin gegen die Bezeichnung "A.", die für ein Imitat des Duftwassers "W." stehe, gegen die Bezeichnung "B." für ein Imitat des Duftwassers "S." sowie gegen die Bezeichnungen "C. 1" bzw. "C." auf einer blauen Produktverpackung, "C. 2" bzw. "C." auf einer gelben Produktverpackung, "D. 1" bzw. "D." auf einer blauen Produktverpackung und "D 2" bzw. "D." auf einer roten Produktverpackung, die sämtlich für die Nachahmung verschiedener Duftrichtungen der Marke Ha. benutzt würden.

Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 550 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat einem negativen Feststellungsantrag der Klägerin, der im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständlich ist, stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die beanstandeten Bezeichnungen seien mit den Originalmarken nicht verwechslungsfähig. Damit seien nicht nur markenrechtliche Ansprüche zu verneinen, sondern auch ein Vergleich i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 6 UWG. Denn ein solcher Vergleich setze voraus, dass eine Ware als Imitat einer kennzeichenrechtlich geschützten Ware bezeichnet werde. Dieser Bezug könne nur hergestellt werden, wenn das geschützte Kennzeichen genannt werde oder erkennbar sei. Daran fehle es im vorliegenden Fall.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Nachdem sie in erster Instanz hilfsweise auch markenrechtliche Ansprüche geltend gemacht hatte, stützt sich die Klägerin im zweiten Rechtszug ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche.

Im Hinblick auf die von den Beklagten bestrittene Aktivlegitimation trägt die Klägerin unter Vorlage eines Schreibens der Fa.E. vom 21.7.2003 (Bl. 643 d.A.) vor, dass zwischen ihr und den Beklagten jedenfalls ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Im Übrigen legt die Klägerin Bestätigungen der Firmen F. AG, G. SA und Ha. GmbH über das Bestehen exklusiver Lizenzrechte vor (Anlagen BK 11, Bl. 762 ff. d.A.).

In der Sache hält die Klägerin daran fest, dass die Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen und Ausstattungsmerkmale unter der Dachmarke "Z." eine sittenwidrige vergleichende Werbung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 6 UWG darstelle. Die Klägerin bleibt bei ihrer Behauptung, bei den unter den angegriffenen Bezeichnungen vertriebenen Duftwässern handele es sich um - gut gelungene - Imitate der eingangs genannten Markenparfums ("W." usw.). Derartige Billigparfums seien ohne rufausbeutende Hinweise unverkäuflich; der Markt der billigen Düfte sei ausschließlich ein Nachahmungsmarkt. Die Dachmarke "Z." werde von den Zwischenhändlern und teilweise sogar von Endverbrauchern mit dem Vertrieb von nachgeahmten Parfumprodukten in Verbindung gebracht. Zur Information über den im Einzelfall konkret nachgeahmten Duft seien explizite Duftvergleiche oder die Verwendung von Duftvergleichslisten nur ggü. den Endverbrauchern erforderlich. Bei dem Vertrieb ggü. den Großhändlern, wie ihn die Beklagte zu 1) betreibe, genüge hingegen - wie in den hier aufgegriffenen Fällen - eine an das Original erinnernde Produktbezeichnung, ggf. i.V.m. einschlägigen Ausstattungsmerkmalen. Die Klägerin sieht sich in dieser Einschätzung bestätigt durch d...

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