Leitsatz (amtlich)

Geht bei einer Stufenklage ein Kläger nach Erfüllung des zunächst ausgeurteilten Auskunftsanspruchs auf dieser Grundlage auf eine nunmehr bezifferte Leistungklage über, ohne dass der Beklagte für die Durchführung der Leistungsklage zusätzliche Veranlassung geboten hat, ist bei übereinstimmender Erledigung der Zahlungsklage vom Kläger quotenmäßig derjenige Teil der Kosten des Rechtsstreits zu tragen, der aufgrund der Bezifferung der Leistungsklage zusätzlich entstanden ist; dagegen hat der Beklagte quotenmäßig die Kosten zu tragen, welche dem ursprünglichen, durch den geschätzen Wert der unbezifferten Leistungsklage geprägten Streitwert der Stufenklage entsprechen.

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Entscheidung vom 31.10.2007; Aktenzeichen 9 O 451/07)

 

Gründe

I.

Die Klägerin als Pflichtteilsberechtigte hat im Wege der Stufenklage die Beklagte als Erbin auf Auskunft über den Stand der Erbschaft sowie auf Wertermittlung eines Hausgrundstücks in Anspruch genommen und gleichzeitig eine noch unbezifferte Zahlungsklage erhoben; den Streitwert hat sie vorläufig mit 10.000 EUR angegeben. U.a. wegen der Auskunftserteilung und der Wertermittlung erging Anerkenntnisurteil, der noch unbezifferte Zahlungsantrag wurde nicht gestellt. Drei Tage nach Vorliegen des Wertgutachtens hat die Klägerin die Leistungsstufe aufgerufen und die Leistungsklage auf 77.476,45 EUR beziffert. Hierauf hat die Beklagte, ohne dass über die bezifferte Zahlungsklage mündlich verhandelt worden wäre, innerhalb einer Frist von weniger als einem Monat 75.900,10 EUR bezahlt, die restlichen 1.576,35 EUR waren streitig; insoweit hat die Klägerin die Klage zurückgenommen. Im Hinblick auf den gezahlten Teil haben die Parteien die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenantrag gestellt. Wegen der Einzelheiten der Argumentation wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 10.10.2007 sowie der Beklagten vom 21.09.und 25.10.2007 Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 31.10.2007, zugestellt am 06.11.2007, die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt; auf die Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 17.11.2007 eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin mit dem Ziel, die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegen zu lassen; auf die Beschwerdebegründung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Denn es entspricht gem. § 91 a ZPO nach übereinstimmender Erledigungserklärung billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits nach der aus dem Tenor ersichtlichen Quote zu teilen.

1.

Maßstab für die Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO - eine Ermessensentscheidung des Gerichts - ist zum einen der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen. Dies bedeutet zwar, dass im Allgemeinen der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag geben wird; allerdings ist das Gericht nicht schlechthin gehalten, sich allein an diesem Kriterium zu orientieren (Zöller-Vollkommer, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 91 a Rn. 24). Vielmehr können im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auch Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden, insbesondere kann in einer "reziproken" Anwendung des Grundgedankens des § 93 ZPO berücksichtigt werden, inwieweit der jeweilige Beklagte Veranlassung zur Klage gegeben hat (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rn. 25). Anhand dieser rechtlichen Kriterien war die Beklagte mit denjenigen Kosten zu belasten, die sich aus der Notwendigkeit der Klageerhebung durch die Klägerin ergeben haben; allerdings ist der Klägerin derjenige Kostenanteil aufzuerlegen, der sich streitwerterhöhend aus ihrem ohne hinreichende Veranlassung durch die Beklagte erfolgten Übergang auf eine nunmehr bezifferte Leistungsklage ergeben hat.

2.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte zur Auskunftsklage Anlass gegeben hat, ihr also jedenfalls insoweit nicht die Kostenentlastung des § 93 ZPO zugute kommen kann. Die Klägerin hat, was streitig geblieben ist, behauptet, die Beklagte habe ihr gegenüber in einem persönlichen Gespräch jede Auskunftserteilung und jede Zahlung verweigert. Selbst wenn man demgegenüber der Darstellung der Beklagten vom Inhalt des Gesprächs folgen wollte, bleibt doch übrig, dass sie die Frage einer Zahlung hinauszögernd behandelt hat; auf die anwaltliche Aufforderung zur Auskunft drei Monate nicht zu reagieren, selbst wenn sie meinte, mit der Einschaltung ihres Steuerberaters, den sie um Rat fragen wollte, etwas unternommen zu haben, war keine sachangemessene Vorgehensweise, um eine etwaige Klage abzuwenden. Andererseits lässt sich nicht erkennen, dass es seitens der Klägerin eine hinreichende in der Sache liegende Veranlassung gab, drei Tage nach Vorlage des Wertgutachtens die Leistungsklage zu beziffern, ohne die Beklagte vorher nochmals zur Zahlung aufzufordern. Zwar hat die Bek...

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