Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Umfang der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im selbständigen Beweisverfahren notwendigen Kosten

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Beschluss vom 08.01.2010)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Marburg vom 8.1.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG Marburg zurückverwiesen.

Das LG Marburg wird angewiesen, den Antrag des Klägers auf Festsetzung der Kosten, die durch die Arbeiten der Fa. A gemäß deren Rechnung vom 24.11.2008 entstanden sind, nicht mit der Begründung zurückzuweisen, der Kläger sei gehalten, sich ggü. der Fa. A auf Verjährung zu berufen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 8.9.2009 die Nachfestsetzung von u.a. Kosten i.H.v. 6652,10 EUR beantragt. Diese Kosten sind durch vom Kläger beauftragte Arbeiten der Firma A in den Jahren 2002 und 2003 entstanden, die im Rahmen des vor dem vorliegenden Rechtsstreit durchgeführten selbständige Beweisverfahren LG Marburg - 1 OH 8/02 - von dem gerichtlich beauftragten Sachverständigen zumindest in Teilen zur Begutachtung für erforderlich gehalten wurden. Die Fa. A hat ihre Vergütung dem Kläger gegenüber mit Rechnung vom 24.11.2008 geltend gemacht.

Das LG hat den Kostenfestsetzungsantrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe sich - dem Grundsatz, die Kosten des Verfahrens möglichst gering zu halten, folgend - ggü. der Firma A auf Verjährung berufen müssen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der sofortigen Beschwerde.

II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO statthaft sowie fristgerecht beim LG eingelegt worden und auch sonst zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Ausgangsgericht zur erneuten Entscheidung über den Festsetzungsantrag des Klägers.

Gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Beauftragung der Arbeiten der Firma A und die dadurch veranlasste Kosten waren, soweit sie von dem Sachverständigen des selbständigen Beweisverfahrens für die Durchführung seines Gutachtens als notwendig angesehen wurden, fraglos zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch den Kläger zunächst einmal notwendig. Denn in diesem Umfang war eine Begutachtung offenbar nicht möglich. Allerdings besteht im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Prozessrechtsverhältnis die Pflicht einer jeden Prozesspartei, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Diese Pflicht ist Ausfluss des Grundsatzes von Treu und Glauben und beherrscht das gesamte Kostenrecht (BGH MDR 2007, 1160). Es kann dahinstehen, ob die Pflicht zur Kostengeringhaltung sich nicht ohnehin allein auf die Phase der Veranlassung und Durchführung von Maßnahmen der Rechtsverfolgung und deren Kosten bezieht, und nicht auch auf die Möglichkeit der Erhebung rechtshemmender Einwendungen. Auch kann dahinstehen, ob im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens eine materielle Rechtsfrage wie die der Verjährung überhaupt zu berücksichtigen ist. Denn jedenfalls ist der Kläger unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben und unter dem Gesichtspunkt der Kostengeringhaltungspflicht nicht gehalten, sich zur Schonung seines ihm ersatzpflichtigen Prozessgegners, des Beklagten, ggü. dem Vergütungsanspruch der Firma A auf Verjährung zu berufen. Der Kläger hat im Beschwerdeschriftsatz vom 12.1.2007 billigenswerte Gründe aufgeführt, von der Erhebung der Verjährungseinrede abzusehen, indem er auf die aus seiner Sicht mit einer Einrede der Verjährung gegenüber Handwerkern verbundene Ehrenrührigkeit und auf deren Unverträglichkeit mit seinem Ansehen als selbständiger Augenarzt hingewiesen hat. Eine Pflicht, gerade zugunsten eines Prozessgegners gleichwohl die Verjährungseinrede erheben zu müssen, ist bei dieser Sachlage fernliegend, wird bei vergleichbarer Fallgestaltung im Übrigen auch sonst von der obergerichtlichen Rechtsprechung abgelehnt (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 28.7.2008 - 14 W 374/08, MDR 2008, 1179; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.3.1996 - W 1/96 RhSch, MDR 1996, 750).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2658478

BauR 2011, 306

NJW-RR 2011, 499

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