Normenkette

BGB § 1835 Abs. 4, § 1836; RVG §§ 2, 13-14; RVG-VV Nrn. 2300, 2503

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 07.11.2011; Aktenzeichen 51 F 1340/10 PF)

AG Darmstadt (Beschluss vom 07.10.2010; Aktenzeichen 51 F 1340/10 PF)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 04.12.2013; Aktenzeichen XII ZB 57/13)

 

Tenor

Die Beschlüsse des AG Darmstadt vom 7.11.2011 und vom 7.10.2010 (51 F 1340/10 PF) werden abgeändert.

Zugunsten des Beschwerdeführers werden für seine Tätigkeit als Ergänzungspfleger über die mit dem Beschluss vom 7.10.2010 bereits zugesprochenen 170,17 EUR weitere 328,68 EUR zur Auszahlung festgesetzt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 328,68 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wurde dem damals noch minderjährigen Betroffenen, der ohne seine Eltern als Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland eingereist ist, durch Beschluss des AG - Familiengericht - Frankfurt/M. vom 22.2.2010 auf Anregung des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt/M. vom 19.2.2010 als Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung" bestellt, während das Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt/M. selbst damals nur die Personensorge als Pfleger übernahm; später ist das Verfahren an das AG - Familiengericht - Darmstadt abgegeben worden, das mit Beschluss vom 18.8.2010 das Jugendamt des Landkreises Darmstadt-Dieburg als Vormund bestellt hat und die Ergänzungspflegschaft des Beschwerdeführers aufrechterhalten hat. Seine Bestallung erfolgte am 11.3.2010.

Bereits am 8.3.2010 hat der Ergänzungspfleger in Anwesenheit eines Dolmetschers ein Gespräch mit dem Betroffenen geführt und sodann einen Asylantrag für ihn eingereicht. Insoweit wird auf die Abschrift des Schriftsatzes vom 9.3.2010 mit dem darin enthaltenen Antrag auf Anerkennung des Betroffenen als Asylberechtigter verwiesen (Bl. 18, 19 d.A.). Im Rahmen des Asylverfahrens kam es am 11.5.2010 in Gießen zu einer Anhörung gem. § 25 AsylVfG, an der der Beschwerdeführer teilnahm. Auf die Kopie des siebenseitigen Protokolls dieser Anhörung, die von 10:15 Uhr bis 11:20 Uhr dauerte, wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 20 - 26 d.A.).

Mit Schreiben vom 11.6.2010 an das damals zuständige AG Frankfurt/M. erstattete der Ergänzungspfleger einen Zwischenbericht und beantragte, seine Kosten und Auslagen "gem. §§ 1835, 1836 BGB" i.H.v. 498,85 EUR festzusetzen und an ihn zu überweisen. Als Rechtsgrundlage stellte er auf §§ 2, 13, 14 RVG sowie 2300 RVG-VV (Gebührensatz 1,8 nach einem Gegenstandswert von 3.000 EUR, mithin 340,20 EUR) und für die Auslagen auf 7002 bis 7008 RVG-VV ab. Auf den Zwischenbericht vom 11.6.2010 nebst Anlagen (Bl. 16 - 26 d.A.) sowie den Festsetzungsantrag vom 11.6.2010 (Bl. 27 d.A.) wird Bezug genommen. Das AG Darmstadt hat daraufhin nach Übernahme des Verfahrens mit dem angefochtenen Beschluss vom 7.10.2010 auf der Basis einer Beratungshilfegebühr von 70 EUR (2503 RVG-VV) nebst Auslagen, u.a. für die Geschäftsreise zur Anhörung nach Gießen, und Mehrwertsteuer insgesamt 170,17 EUR zur Auszahlung aus der Staatskasse festgesetzt.

Die dagegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers vom 14.10.2010 hat das AG letztlich mit dem Beschluss vom 7.11.2011 zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen, die der Beschwerdeführer am 14.11.2011 eingelegt hat. Das AG hat bereits ausgeführt, es sei unbestreitbar, dass die nach den Grundsätzen der Beratungshilfe festgesetzte Vergütung "den im Interesse einer sachgerechten und am Kindeswohl orientierten notwendigen zeitlichen und intellektuellen Aufwand nicht abdeckt", der vorliegend vom Beschwerdeführer als Ergänzungspfleger zu leisten war, sah sich jedoch gehindert, die Sach- und Rechtslage anders zu bewerten als in der Entscheidung des 20. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 18.12.2009 (20 W 85/09).

II. Die form- und fristgerecht eingelegte und nach §§ 168 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, 11 Abs. 1 RPflG grundsätzlich statthafte Beschwerde ist zulässig. Da das AG die Beschwerde zugelassen hat, kommt es nicht darauf an, dass der nach § 61 Abs. 1 FamFG ansonsten erforderliche Beschwerdewert von 600 EUR vorliegend nicht erreicht ist.

Die Beschwerde ist auch begründet, denn die vom AG vorgenommene Begrenzung der Vergütung des Ergänzungspflegers auf die gebührenrechtlichen Sätze der Beratungshilfe kann vorliegend nicht bestehen bleiben.

Das AG hat im Ausgangspunkt zu Recht die Gebührenabrechnung des Ergänzungspflegers auf der Basis von § 1835 Abs. 4 BGB in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgenommen und auch nicht darauf abgestellt, dass die Bestallung des Beschwerdeführers erst nach der Aufnahme seiner Tätigkeit erfolgt ist. In eilbedürftigen Angelegenheiten, zu denen die Asylverfahren unbegleiteter Jugendlicher grundsätzlich gehören, ist dem Ergänzungspfleger nämlich in Anwendung von § 242 BGB nach Treu und Glauben Ersatz seiner Aufwendungen auch dann zu gewähren, wenn er zunächst noch nicht förmlich b...

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