Leitsatz (amtlich)

Bei der Beurteilung, ob der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO vorliegt, kommt es auf das Vorhandensein von Inlandsvermögen des Schuldners grundsätzlich nicht an. Dies muss selbst dann gelten, wenn der Arrestantrag von dem Motiv getragen sein sollte, Zugriff auf Vermögensgegenstände des Schuldners im Inland zu nehmen.

 

Normenkette

ZPO § 917 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/10 O 249/02)

 

Tenor

Unter Aufhebung des Beschlusses des LG Fankfurt am Main vom 27.8.2002 wird wegen und in Höhe eines Anspruchs des Antragstellers

1. von 25.564,59 Euro nebst 10,25 % Zinsen seit 6.2.2001 aus den 10,25 %-Inhaber-Teilschuldverschreibungen der DM-Anleihe von 1996/2003, Wertpapierkennnummer 130860,

2. von weiteren 132.935,88 Euro nebst 11,75 % Zinsen seit 20.5.2001 aus den 11,75 %-Inhaber-Teilschuldverschreibungen der DM-Anleihe von 1996/2011, Wertpapierkennnummer 132501

3. und einer Kostenpauschale von 18.000 Euro

der dingliche Arrest in das Vermögen der Antragsgegnerin angeordnet.

Durch Hinterlegung von 203.000 Euro wird die Vollziehung dieses Arrests gehemmt und die Antragsgegnerin berechtigt, die Aufhebung des vollzogenen Arrest zu beantragen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Beschwerdewert wird auf 53.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Arrestgesuchs ist gem. § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ff. ZPO zulässig, insb. fristgemäß nach § 569 ZPO, und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Arrestantrag ist zulässig. Die Antragsgegnerin hat sich in § 11 Nr. 4 der Anleihebedingungen der Gerichtsbarkeit des LG Frankfurt am Main unterworfen.

Darüber hinaus kann der Antragsteller nicht darauf verwiesen werden, für seinen Antrag bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, wie das LG in seiner Entscheidung unter Hinweis auf § 11 Nr. 5 der Anleihebedingungen anklingen lässt, weil die Gerichte der Antragsgegnerin die Vollstreckung aus dem Arrestbeschluss nicht anordnen dürften. Unabhängig von dem Umstand, dass die Klausel eine mögliche Inlandsvollstreckung oder anderweitige Auslandsvollstreckung außerhalb des Staatsgebiets der Antragsgegnerin nicht einschränkt, nimmt sie lediglich bestimmte Vermögensgegenstände auf dem a… Territorium von der vorläufigen Beschlagnahme durch a… Gerichte aus. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass die Vollstreckung des Antragstellers aus dem Arrestbeschluss von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Weiterhin ist es, wie der Antragsteller zutreffend einwendet, für die Anordnung des Arrests grundsätzlich ohne Bedeutung, ob es ihm gelingen wird, aus dem Arrest erfolgreich zu vollstrecken (Stein/Jonas/Grunsky, § 917 ZPO Rz. 12).

Entgegen der Ansicht des LG geht der Senat zudem davon aus, dass ein Arrestgrund nach § 917 Abs. 2 ZPO vorliegt. Hierfür muss der Antragsteller nicht darlegen, dass eine Vollstreckung aus einem Urteil gegen die Antragsgegnerin in Deutschland erfolglos bleiben wird. Voraussetzung für die Arrestanordnung nach § 917 Abs. 2 ZPO ist nämlich nicht, dass schon zum Zeitpunkt der Antragstellung feststeht, dass im Ausland vollstreckt werden muss. Es reicht aus, dass nach Lage der Verhältnisse Anlass zur Besorgnis besteht, dass dies erforderlich sein wird (Stein/Jonas/Grunsky, § 917 ZPO Rz. 13, 19; OLG Stuttgart v. 5.1.1996 – 11 UF 223/95, NJW-RR 1996, 775; OLG Düsseldorf NJW 1977, 2034). Da es sich bei der Antragsgegnerin um einen ausländischen Staat handelt, dessen wesentliches Vermögen naturgemäß auf dem eigenen Staatsgebiet liegt, trifft dies hier zu.

Wie bereits der 5. Senat des erkennenden Gerichts entschieden hat (OLG Frankfurt, OLGReport Frankfurt 1999, 11 – unter Aufgabe der Vorentscheidung v. 23.9.1980 – 5 U 110/80, MDR 1981, 61 = ZIP 1980, 922), kommt es bei der Beurteilung, ob der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO vorliegt, auf das Vorhandensein von Inlandsvermögen des Schuldners nicht an. Der erkennende Senat schließt sich dieser Ansicht an, die i.Ü. heute von der ganz h.M. geteilt wird (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, § 917 ZPO Rz. 19; Heinze in MünchKomm/ZPO, § 917 Rz. 12; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, § 917 ZPO Rz. 14; Thomas/Putzo/Reichold, § 917 ZPO Rz. 3 – jew. m.w.N.) Der Grundsatz der Irrelevanz vorhandenen Inlandsvermögens muss selbst dann gelten, wenn der Arrestantrag von dem Motiv getragen sein sollte, Zugriff auf Vermögensgegenstände des Schuldners im Inland zu nehmen (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, § 917 ZPO Rz. 19).

Eine Ausnahme wäre lediglich dann zu machen, wenn das inländische Vermögen des Schuldners so groß ist, dass eine Befriedigung des Gläubigers aus ihm nicht zweifelhaft erscheint (Stein/Jonas/Grunsky, § 917 ZPO Rz. 19; OLG Celle NJW 1969, 1541). Der Antragsteller hat jedoch dargelegt, dass ihm solches Inlandsvermögen der Antragsgegnerin nicht bekannt ist.

Soweit das LG in seinem Beschluss vom 27.8.2002 ausgeführt hat, es habe sich noch im August 2002 in einem anderen Verfahren mit einem Arrestantrag befassen müssen, bei dem es um die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der Antragsg...

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