Leitsatz (amtlich)

Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung im Inland zu versagen, wenn die schiedsrichterliche Entscheidung nicht durch eine "schriftliche Vereinbarung" i.S.v. Art. II Abs. 2 UNÜ legitimiert ist (Art. III S. 1; Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ).

 

Normenkette

UN-Ü Art. II, Art. V; ZPO § 1061 Abs. 2

 

Tenor

Der zwischen den Parteien am 20.4.2005 ergangene Schiedsspruch des Schiedsgerichts für die graphische Industrie mit Sitz in Amstelveen, Niederlande, ist im Inland nicht anzuerkennen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

Gegenstandswert: 32.761,76 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches, mit dem die Antragsgegnerin zur Zahlung des Kaufpreises für gelieferte Ware verurteilt wurde.

Im Juni 2004 vereinbarten die Parteien, dass die Antragstellerin für die Antragsgegnerin verschiedene Drucksachen für Verpackungen von CD's herstellen und liefern sollte. Nach einem vorangegangenen Telefonat, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, übersandte die Antragsgegnerin per Fax am 17.6.2004 zwei schriftliche Bestellungen an die Antragstellerin unter Hinweis auf die ausschließliche Geltung ihrer Einkaufsbedingungen. Die Antragsgegnerin bestätigte die Auftragserteilung per Fax noch am gleichen Tag. In den beiden Auftragbestätigungen wird darauf hingewiesen, dass der Auftrag den Bestimmungen der Graphischen Industrie unterliege, die in Art. 21 eine Schiedsabrede beinhalten.

Da die Antragsgegnerin die Vergütung nicht zahlte, leitete die Antragstellerin ein Schiedsverfahren ein, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Antragsgegnerin ordnungsgemäß beteiligt wurde. Jedenfalls verurteilte das Schiedsgericht die Antragsgegnerin mit Schiedsspruch vom 20.4.2005 zur Zahlung von 32.761,76 EUR nebst Zinsen und Kosten.

Die Antragstellerin behauptet, schon im Rahmen des Telefonates der Parteien habe sie darauf hingewiesen, dass sie ausschließlich zu den Bedingungen der graphischen Druckindustrie arbeite. Dem habe die Antragsgegnerin nicht widersprochen. Die Geschäftsbedingungen seien den Auftragsbestätigungen auch beigefügt gewesen. Die Antragstellerin beantragt, das Schiedsgerichtsurteil des Schiedsgerichts für die graphische Industrie mit Sitz in Amstelveen, Niederlande, bestehend aus den Schiedsrichtern Herrn...,... und... vom 20.4.2005, durch das die Antragsgegnerin zur Zahlung von 32.761,76 EUR als Hauptsumme zzgl. eines Betrages i.H.v. 96,97 EUR an Zinsen bis zum 15.8.2004 sowie der gesetzlichen Zinsen ab dem 15.8.2004 bis zum Datum der vollständigen Begleichung sowie von außergerichtlichen Kosten i.H.v. 1.158 EUR und von Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens i.H.v. 2.680,48 EUR verurteilt worden ist, für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, mangels wirksamer Einbeziehung der Geschäftsbedingungen der Antragstellerin sei keine Schiedsabrede zwischen den Parteien zustande gekommen, so dass eine Vollstreckbarerklärung schon deshalb nicht in Betracht komme.

Hinsichtlich des Sachvortrages der Parteien im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin vom 18.10.2005 (Bl. 1 f. d.A.), 21.12.2005 (Bl. 66 ff. d.A.) 17.3.2006 (Bl. 93 f. d.A.) und 31.3.2006 (Bl. 96 ff. d.A.) sowie auf die Schriftsätze der Antragsgegnerin vom 8.11.2005 (Bl. 9 ff. d.A.), 23.2.2006 (Bl. 88 ff. d.A.) und 13.4.2006 (Bl. 103 ff. d.A.), jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

II. Der Antrag, den Schiedsspruch vom 20.4.2005 für vollstreckbar zu erklären, ist zulässig (§§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 S. 1, 1064 Abs. 1 S. 1 ZPO; Art. VII Abs. 1 UN-Übereinkommen vom 10.6.1958, BGBl. 1961 Abs. 2 S. 121 - im Folgenden UNÜ abgekürzt). Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1025 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO; die Antragsgegnerin hat ihren Sitz in Hessen.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung im Inland schon deshalb zu versagen (§ 1061 Abs. 2 ZPO), weil die schiedsrichterliche Entscheidung nicht durch eine "schriftliche Vereinbarung" i.S.v. Art. II Abs. 2 UNÜ legitimiert ist (Art. III S. 1; Art. V Abs. 1 lit. a UNÜ). Zwar muss das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung grundsätzlich im ausländischen Schiedsverfahren gerügt werden; geschieht dies nicht, kann dieser Einwand im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mehr erhoben werden.

Die Präklusion gilt jedoch nicht, soweit es um die Schriftform nach Art. II des UN-Übereinkommens geht (vgl. BayObLG, RIW 2003, 383; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 57 Rz. 2;). An dieser Schriftform fehlt es im vorliegenden Fall. Nach Art. II Abs. 2 UNÜ ist unter einer "schriftlichen Vereinbarung" i.S.d. Art II Abs. 1 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, die von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Den entsprechenden Nachweis hat die die Vollstreckbarerklärung beantragende Part...

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