Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrechtliche Einordnung eines Antrags auf Nutzungsentschädigung wegen alleiniger Nutzung einer Immobilie durch einen Ehepartner

 

Normenkette

FamFG §§ 39, 117 Abs. 1 S. 3, § 266 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 745 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Beschluss vom 15.11.2012; Aktenzeichen 248 F 848/12)

 

Tenor

Die Beschwerde wird unter Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Beschwerdewert: 11.275 EUR (§§ 40, 35 FamGKG).

 

Gründe

I. Die Beteiligten waren Miteigentümer eines Wohnhauses in O1. Ihre Ehe wurde ausweislich der Gründe der angefochtenen Entscheidung mit Wirkung zum ... 2010 rechtskräftig geschieden. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 23.4.2012 beantragte der Antragsteller wegen der alleinigen Nutzung der Immobilie durch die Antragsgegnerin Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Dauer von ... 2010 bis zu ihrem Auszug am ... 2012. Das Verfahren wurde vom AG als ein Verfahren mit dem Aktenzeichen "RI" eingetragen. Sodann wurde ein Vorschuss vom Antragsteller angefordert und nach Eingang des Vorschusses bestimmte das Familiengericht einen Termin zur Güteverhandlung und mündlichen Verhandlung, wies die Antragsgegnerin auf einen für das Verfahren bestehenden Anwaltszwang hin und stellte die Antragsschrift der Antragsgegnerin förmlich zu. Am Ende der mündlichen Verhandlung vom 27.9.2012 beraumte das AG einen Verkündungstermin und verkündete seine Entscheidung sodann öffentlich am 15.11.2012. Das AG gab dem Antrag des Antragstellers in voller Höhe statt und stützte den Anspruch in den Beschlussgründen für den gesamten Zeitraum auf § 745 Abs. 2 BGB als alleinige Anspruchsgrundlage. Für die Kostenentscheidung zitierte das AG die Vorschrift des § 81 FamGKG. In der am Ende des Beschlusses enthaltenen Rechtsmittelbelehrung heißt es am Ende: "Die Beschwerde soll begründet werden". Gegen die dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 21.11.2012 zugestellte Entscheidung legte dieser mit Schreiben vom 20.12.2012 Beschwerde ein, die bei dem AG per Fax noch am selben Tag einging. Die Begründung der Beschwerde der Antragsgegnerin ging am 18.2.2013 bei dem OLG ein. Mit Verfügung vom 14.2.2013 war die Antragsgegnerin auf die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist nach § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG hingewiesen worden. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20.2.2013 beantragt sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und macht geltend, das Familiengericht habe tatsächlich ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geführt, weil der Anspruch des Antragstellers auch auf § 1361b Abs. 3 BGB gestützt gewesen sei und im Übrigen auch § 81 FamFG in den Gründen genannt sei. Im Übrigen sei die Versäumung der Frist unverschuldet gewesen, da in der Rechtsmittelbelehrung kein Hinweis auf eine Frist zur Begründung der Beschwerde enthalten sei.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, da die Frist zur Begründung der Beschwerde nicht gewahrt wurde (§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG), weshalb sie zu verwerfen ist (§§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, 522 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Der Antrag auf Gewährung von Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist hat keinen Erfolg (§§ 117 Abs. 5 FamFG, 233, 234 Abs. 1 S. 2 ZPO).

Das Gesuch der Antragsgegnerin ist unbegründet, denn sie war nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die gesetzliche Frist des § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG von zwei Monaten für die Einreichung der Beschwerdebegründung beim OLG (§ 117 Abs. S. 2 FamFG) einzuhalten (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 233 ZPO), wobei das Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten ihrem eigenen Verschulden gleich steht (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat das AG kein den Verfahrensregeln des FamFG unterfallendes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit geführt, für die eine Verpflichtung zur Begründung und eine Bindung an gesetzliche Begründungsfristen nicht bestünde (§ 65 FamFG). Der Antragsteller hat wegen der alleinigen Nutzung des im Miteigentum stehenden Wohnhauses der Beteiligten eine Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 12.7.2010 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung am ... 2010 und für die Zeit danach bis zum ... 2012 geltend gemacht. Eine Rechtsgrundlage für seinen behaupteten Anspruch hat der Antragsteller nicht benannt und war hierzu auch nicht verpflichtet. Seinem einheitlichen Antrag ist jedoch zu entnehmen, dass er für den gesamten Nutzungszeitraum von einem einheitlichen Anspruch ausging. Nutzungsentschädigungsansprüche unter Ehegatten können bei Vorhandensein von Miteigentum für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung rechtlich unstreitig nur auf § 745 Abs. 2 BGB und nicht auf § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB gestützt werden (OLG Frankfurt FamRZ 2011, 373).

Soweit der Antragsteller seinen Anspruch auch für den kurzen Zeitraum vom 12.7.2010 bis zur Rechtskraft der Ehescheidung geltend macht, wäre es zwar rechtlich vertretbar gewesen, diesen Anspr...

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