Entscheidungsstichwort (Thema)

Privilegierung von Masseverbindlichkeiten ab dem Zeitpunkt der Anzeige drohender Masseunzulänglichkeit

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 06.08.2003; Aktenzeichen 4 O 1768/00)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Kassel v. 6.8.2003, durch den die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenansatz der gerichtlichen Verfahrensgebühren für die erste Instanz abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Möbel K. Einrichtungszentrum GmbH & Co. KG. Er wurde von den Klägern mit Schriftsatz v. 7.8.2000 auf Zahlung verklagt; die Klage ging am 9.8.2000 bei Gericht ein. Auf die Kostenrechnung v. 11.8.2000 zahlten die Kläger den angeforderten Gerichtskostenvorschuss. Nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits ist der Beklagte verpflichtet, 58,75 % der Gerichtskosten 1. Instanz zu tragen. Entsprechend wurden ihm mit Kostenrechnung v. 24.3.2003 4.141,46 Euro in Rechnung gestellt.

Der Beklagte meint, er dürfe aus der Kostenrechnung nicht in Anspruch genommen werden, da zu seinen Gunsten das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO eingreife; er habe am 31.7.2000 die Erklärung der drohenden Masseunzulänglichkeit und am 27.1.2003 die Erklärung der tatsächlichen Masseunzulänglichkeit abgegeben.

Nachdem der Kostenbeamte dieser Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht abgeholfen hatte, hat das LG die Erinnerung durch den angefochtenen Beschluss v. 6.8.2003 zurückgewiesen. Das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO beziehe sich nur auf Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO, also solche, die zum Zeitpunkt der Anzeige der Masseunzulänglichkeit noch nicht entstanden gewesen seien, mithin nicht auf die gerichtlichen Verfahrensgebühren im 1. Rechtszuge. Diese Kostenschuld sei nämlich gem. § 61 Abs. 1 Nr. 1 GKG mit Eingang des Klageantrages bei Gericht am 9.8.2000 fällig geworden. Demgegenüber sei die Erklärung des Beklagten über die drohende Masseunzulänglichkeit, welche gem. § 208 Abs. 1 Satz 2 InsO der Erklärung der tatsächlichen Masseunzulänglichkeit gleichstehe, bereits am 31.7.2000 veröffentlicht worden. Damit sei die Gerichtskostenschuld eine neue Masseverbindlichkeit i.S.v. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, auf welche sich das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gerade nicht beziehe. Die spätere erneute Anzeige der Masseunzulänglichkeit v. 27.1.2003 könne nicht dazu führen, dass die (Neu-)Masseverbindlichkeit nun doch wieder zu einer alten Masseverbindlichkeit i.S.v. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO würde. Wiederholte Masseunzulänglichkeitserklärungen seien dem Gesetz fremd und würden zu Altmasseverbindlichkeiten unterschiedlicher Rangstufen führen, was die Abwicklung masseunzulänglicher Verfahren intransparent mache. Die Interessen von Neumassegläubigern und Insolvenzverwalter seien vielmehr entsprechend den zu § 60 Konkursordnung entwickelten Grundsätzen zu schützen.

Mit der Beschwerde verfolgt der Beklagte in erster Linie das Ziel, den Beschluss des LG v. 6.8.2003 sowie den Kostenansatz der Gerichtskasse v. 24.3.2003 aufzuheben. Hilfsweise verfolgt er den Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses und der Kostenrechnung die Kostenschuld des Beklagten lediglich festzustellen. Die Gerichtskasse sei bezüglich der Gerichtskosten Altmassegläubigerin und daher vom Vollstreckungsverbot des § 210 InsO erfasst, da die Forderung der Gerichtskasse bereits vor der Masseunzulänglichkeitserklärung v. 27.1.2003 bestanden habe. Wie § 208 InsO zeige, kenne das Gesetz durchaus das Vorkommen mehrerer Masseunzulänglichkeitserklärungen des Insolvenzverwalters, dies sei sogar der Regelfall - nämlich das Auseinanderfallen der Anzeige der drohenden Masseunzulänglichkeit und der nachfolgenden Anzeige der tatsächlich eingetretenen Masseunzulänglichkeit. Erst mit der letzteren Erklärung sei - erstmalig am 27.1.2003 - eine Erklärung der Masseunzulänglichkeit erfolgt, das LG werte diese Erklärung aber zu Unrecht als zweite bzw. erneute oder wiederholte Erklärung der Masseunzulänglichkeit. Im Übrigen sei auch die Befürchtung des LG unbegründet, das Insolvenzverfahren werde bei Abstufung der vorrangig zu befriedigenden Neumasseverbindlichkeiten vor den nur quotal zu befriedigenden Altmasseverbindlichkeiten intransparent. Diese Abstufung sei zudem vom Gesetzgeber gerade beabsichtigt. Der Insolvenzverwalter solle gerade auch vor dem Haftungsrisiko geschützt werden, das sich daraus ergebe, dass er Masseverbindlichkeiten, die nach der Erklärung der drohenden Masseunzulänglichkeit bevorrechtigte Neumasseverbindlichkeiten waren, nach Erkenntnis der tatsächlichen Masseunzulänglichkeit doch nicht voll befriedigen könne, was zur Erklärung der tatsächlichen Masseunzulänglichkeit und der durch sie entstehenden Umwandlung der nach der vorläufigen Unzulänglichkeitserklärung entstandenen Neumasseverbindlichkeiten in Altmasseverbindlichkeiten (freilich solche ersten Ranges) führe. Der Beklagte ist der Meinung, dass das in § 210 I...

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