Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers bei mittelschwerer Pflegschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer berufsmäßigen Nachlasspflegschaft ist im Normalfall einer mittelschweren Pflegschaft ein Vergütungssatz von 100 EUR netto pro Stunde angemessen, sofern der Nachlasspfleger seinen Kanzleisitz im Ballungsraum Frankfurt/Rhein Main aufweist. Eine Gemeinde ist in der Regel zum Ballungsraum Frankfurt/Rhein Main zu zählen, sofern sie in einem der in § 2 MetropolG erfassten Landkreise liegt.

 

Normenkette

BGB §§ 1836, 1960; MetrRegFrankfG HE § 2

 

Verfahrensgang

AG Hanau (Beschluss vom 13.01.2015; Aktenzeichen 212 VI .../14)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Hanau vom 13.1.2015 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beteiligten zu 1) wird auf ihren Antrag vom 29.9.2014 für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 7.4.2014 bis zum 29.9.2014 eine Vergütung i.H.v. 2.370,09 EUR einschließlich 378,42 EUR gesetzliche Umsatzsteuer bewilligt.

Die Beteiligte zu 1) wird ermächtigt, die Vergütung dem Nachlass zu entnehmen.

Das Verfahren erster Instanz ist gebührenfrei. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten beider Instanzen werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 711,09 EUR.

 

Gründe

I. Das AG - Nachlassgericht - Hanau hat mit Beschluss vom 2.4.2014 (Bl. 29 f. d.A.) die Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis "Sicherung, Verwaltung und Verwertung des Nachlasses" angeordnet und die Beteiligte zu 1), eine Rechtsanwältin, zur Nachlasspflegerin bestellt. In dem Beschluss des Nachlassgerichts wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 1) die Pflegschaft berufsmäßig führt.

Mit Schriftsatz vom 29.9.2014 hat die Beteiligte zu 1) mitgeteilt, dass die Nachlasspflegschaft abgeschlossen sei und der Nachlass über Aktiva i.H.v. insgesamt 44.885,16 EUR verfüge (Bl. 55 f. d.A.). Zugleich hat sie unter Beifügung einer Zeitaufstellung mit stichwortartiger Angabe ihrer Tätigkeiten zunächst beantragt, ihre Vergütung für die Zeit vom 7.4.2014 bis zum 29.9.2014 i.H.v. 2.370,15 EUR einschließlich 378,43 EUR gesetzliche Umsatzsteuer festzusetzen (Bl. 57 f. d.A.), und in einem späteren Schriftsatz die begehrte Vergütung um 6 Cent auf 2370,09 EUR einschließlich 378,42 EUR gesetzliche Mehrwertsteuer reduziert (Bl. 79 d.A.). Die Nachlasspflegerin ist dabei in ihrer Abrechnung von 19,55 Arbeitsstunden und einem Stundensatz von 100 EUR netto ausgegangen. Gleichzeitig hat sie konkludent beantragt, den festgesetzten Betrag dem Nachlass entnehmen zu dürfen.

Der Beteiligte zu 2) hat keine Einwände gegen den Vergütungsantrag geäußert, sondern im Gegenteil die Festsetzung der beantragten Vergütung - abgesehen von dem später korrigierten Rechenfehler im Centbereich - befürwortet (Bl. 76 f. d.A.).

Das Nachlassgericht hat die Vergütung der Beteiligten zu 1) für die Führung der Nachlasspflegschaft durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 80 ff. d.A.) auf 1.659,06 EUR einschließlich Umsatzsteuer festgesetzt und entschieden, dass die Nachlasspflegerin ermächtigt wird, die Vergütung dem Nachlass zu entnehmen. Dabei hat das Nachlassgericht zur Begründung ausgeführt, dem beantragten Stundensatz von 100 EUR netto könne nicht entsprochen werden, da der Umfang und die Schwierigkeit der pflegerischen Geschäfte nur einen Stundensatz von 70 EUR rechtfertigen würden. Es handele sich um eine Pflegschaft mittleren Schwierigkeitsgrades, für den unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beteiligte zu 1) ihren Kanzleisitz in X und damit nicht im Ballungsraum Frankfurt/M. hat, nur ein Stundensatz von 70 EUR gerechtfertigt sei.

Gegen den ihr am 20.1.2015 (Bl. 83 d.A.) zugestellten Beschluss richtet sich die laut Sendebericht der Beschwerdeführerin am 19.2.2015 vorab per Fax (Bl. 93 d.A.) beim AG eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1). Sie hält daran fest, dass Art und Umfang ihrer Tätigkeiten einen Stundensatz von 100 EUR netto angemessen erscheinen ließen, da X zum Ballungsraum Frankfurt/M. zu zählen sei, was sich bereits aus dem Gesetz über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ergebe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerde vom 19.2.2015 (Bl. 84 ff. d.A.) verwiesen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 23.4.2015 (Bl. 87 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten schriftlichen Ausführungen der Beteiligten verwiesen.

II. Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Nachlassgericht eingegangen (§ 63 FamFG).

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Der von der Beteiligten zu 1) geltend gemachte Stundensatz von 100 EUR zzgl. Umsatzsteuer ist angemessen, jedenfalls nicht überhöht.

Da die Beteiligte zu 1) - wie das AG in seinem Bestellungsbeschluss vom 2.4.2014 festgestellt hat - die Nachlasspflegschaft berufsmäßig führt, richtet sich gem. §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 Sa...

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