Leitsatz (amtlich)

Akteneinsicht: Notwendige Zustimmung der aktenführenden Behörde bei beigezogenen Akten

 

Normenkette

EGGVG § 23; ZPO § 299 Abs. 2

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 01.06.2018 (Az. .../18) wird aufgehoben.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Sache unter Beachtung der Rechtauffassung des Senats durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu bescheiden.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen einen Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 01.06.2018, mit dem ein Gesuch des Antragstellers auf Bewilligung von Akteneinsicht zurückgewiesen worden ist.

Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 28.04.2017 (Bl. 59 f. d. A.) wandte sich der Antragsteller an das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung als Landeskartellbehörde (im Folgenden kurz: Landeskartellbehörde) und begehrte "Akteneinsicht bezüglich des kartellbehördlichen Verfahrens gegen A".

Er führte u. a. aus, er sei in den Jahren 2007 bis 2011 von der A AG (im Folgenden auch kurz: die A) mit Trinkwasser beliefert worden. Es bestehe der Verdacht, dass die ihm von der A für Trinkwasserbezug in Rechnung gestellten Kosten missbräuchlich überhöht gewesen seien. Er beabsichtige, Schadensersatzansprüche gemäß § 33 GWB i. V. m. § 19 GWB, Art. 102 AEUV gegen die A für den genannten Zeitraum geltend zu machen. Zur Begründung jener Ansprüche benötige er Einsicht in die genannten Akten, welche einer Abschöpfungsverfügung der Landeskartellbehörde gegen die A zugrunde lägen.

Er stützte das Akteneinsichtsgesuch (zunächst) auf § 40 VwVfG und nahm Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 14.07.2015, Az. KVR 55/14, zitiert nach juris). Er behielt sich vor, sein Gesuch nach Inkrafttreten des § 33g GWB 2016 auch auf jene Vorschrift zu stützen.

Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 08.06.2017 nahm die A gegenüber der Landeskartellbehörde Stellung zu dem Akteneinsichtsgesuch des Antragstellers und führte u. a. im Einzelnen aus, dass nach ihrer Auffassung ein Anspruch des Antragstellers auf Akteneinsicht weder auf der Grundlage der von dieser angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch auf Grundlage von § 33g GWB bestehe.

Darauf erwiderte der Antragsteller mit Anwaltsschreiben vom 06.11.2017 und machte im Einzelnen Ausführungen dazu, dass die von der A gegen sein Gesuch vorgebrachten Einwände unbeachtlich seien.

Mit Schreiben vom 25.01.2018 teilte die Landeskartellbehörde dem Antragsteller mit, dass die Akten an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zum dortigen Aktenzeichen .../17 versandt seien. Jenes gerichtliche Verfahren habe die Beschwerde der A gegen die Abschöpfungsverfügung der Landeskartellbehörde vom 19.12.2016 zum Gegenstand.

Über das Gesuch könne wegen der Versendung der Akten nicht entschieden werden. Es werde anheimgestellt, einen entsprechenden Antrag bei dem Oberlandesgericht zu stellen.

Dem Schreiben war eine weitere Stellungnahme der A vom 11.12.2017 beigefügt.

Daraufhin wandte sich der Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 27.03.2018 an den Kartellsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Er nahm Bezug auf sein bei der Landeskartellbehörde gestelltes Akteneinsichtsgesuch vom 28.04.2017 und das Schreiben der Landeskartellbehörde vom 25.01.2018. Er erklärte aufgrund der Ausführungen in jenem Schreiben, wonach ihm anheimgestellt worden sei, sein Akteneinsichtsgesuch bei dem Oberlandesgericht anzubringen, dieses nun gegenüber dem Oberlandesgericht zu wiederholen.

In der Folge hörte die von dem Präsidenten des Oberlandesgerichts mit der Entscheidung über Akteneinsichtsgesuche Dritter betraute Richterin am Oberlandesgericht die Beteiligten des genannten Gerichtsverfahrens - die A und die Landeskartellbehörde - zu dem Gesuch an.

Die A nahmen mit Anwaltsschriftsatz vom 30.04.2018 Stellung und führten im Einzelnen aus, dass ihrer Auffassung nach kein Einsichtnahmerecht des Antragstellers bestehe. Die Akteneinsicht im kartellrechtlichen Beschwerdeverfahren sei in § 72 GWB geregelt, wonach zu den Einsichtsberechtigten Haupt- und Nebenbeteiligte am Beschwerdeverfahren, nicht jedoch nicht am Verfahren beteiligte Dritte gehörten. § 299 Abs. 2 ZPO sei im kartellrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht anwendbar, da diese Vorschrift von dem Verweis in § 73 Nr. 2 GWB nicht erfasst werde.

Selbst wenn § 299 Abs. 2 ZPO anwendbar sei, seien dessen Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt.

Die Landeskartellbehörde erklärte mit Anwaltsschriftsatz vom 28.05.2018, es bestünden keine Einwände gegen das Akteneinsichtsgesuch unter der Maßgabe, dass von der A geltend gemachte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berücksichtigt würden.

Mit vorliegend angefochtener Verfügung vom 01.06.2018 lehnte der Präsident des Oberlandesgerichts durch die von ihm mit der Entscheidung über Akteneinsichtsgesu...

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