Leitsatz (amtlich)

1. Als Wert für die Beurkundung einer im Außenverhältnis unbeschränkten, mit Erteilung wirksamen Generalvollmacht für alle vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten, für die eine Stellvertretung zulässig ist, mit der Anweisung an den Bevollmächtigten, davon nur im Vorsorgefall Gebrauch zu machen, ist das Aktivvermögen des Vollmachtgebers ohne Abschlag anzusetzen.

2. Die mit der Generalvollmacht zusammen beurkundete Betreuungsverfügung und Patientenverfügung sind einseitige Erklärungen gem. § 36 Abs. 1 KostO und gegenstandsgleich i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 2 KostO. Sie haben keinen vermögensrechtlichen Gegenstand und ihr Wert beträgt grundsätzlich 3.000 EUR.

 

Normenkette

KostO §§ 30, 36, 38, 41, 44, 156

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Aktenzeichen 3 T 91/04)

 

Gründe

Zu UR-Nr ..../2003 des Kostengläubigers vom.... 2003 erteilte der Beteiligte zu 2) seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1), eine Generalvollmacht dahingehend, ihn in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, bei denen eine Stellvertretung gesetzlich zulässig ist, umfassend zu vertreten. Die Vollmacht sollte insbesondere als Betreuungsvollmacht zur Vermeidung der Anordnung einer Betreuung dienen und daher bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers ausdrücklich nicht erlöschen. Nach § 5 Ziff. 1 der Urkunde sollte im Innenverhältnis, d.h. ohne Einfluss auf die Vollmacht im Außenverhältnis, von der Vollmacht erst dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Vorsorgefall (Geschäftsunfähigkeit bzw. Betreuungsbedürftigkeit) eintrat. Für den Fall, dass die Bestellung eines Betreuers notwendig werden sollte, wünschte der Beteiligte zu 2) seine Ehefrau als Betreuerin, ihre Vollmacht sollte auch bei Bestellung eines Betreuers im übrigen bestehen bleiben.

Nach § 6 der Urkunde wurde die Vollmacht mit Abschluss der Urkunde wirksam.

Trotz Belehrung durch den Notar wünschte der Vollmachtgeber keine Wirksamkeitsbeschränkung dergestalt, dass die Vollmacht erst mit Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit eintreten sollte. In § 8 der Urkunde war die Aushändigung einer Ausfertigung an die Beteiligte zu 1) vorgesehen, der auf Antrag jederzeit weitere Ausfertigungen zu erteilen waren. In persönlichen Angelegenheiten sollte die Vollmacht insbesondere auch die Aufenthaltsbestimmung und die Befugnis zu Unterbringungsmaßnahmen umfassen, ferner die Befugnis zur Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bis zur Entscheidung über einen Behandlungsabbruch oder die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen.

Unter § 2 Abschnitt 3 der Urkunde traf der Beteiligte zu 2) außerdem eine Patientenverfügung.

Wegen der Einzelheiten der Urkunde wird auf Bl. 3-11 d.A. Bezug genommen.

Der Kostenschuldner hat für seine Beurkundung eine halbe Gebühr gemäß den §§ 141, 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO aus dem hälftigen Vermögen des Vollmachtgebers angesetzt, ferner eine volle Gebühr aus dem Regelwert von 3.000 EUR für die Beurkundung der Patientenverfügung gem. §§ 141, 36 Abs. 1 KostO, nebst Dokumentenpauschale und MWSt. insgesamt 198,94 EUR (Bl. 12 d.A.). Mit Schreiben vom 14.1.2004 (Bl. 13 d.A.) und 5.3.2004 (Bl. 49 d.A.) hat die Dienstaufsichtsbehörde des Kostengläubigers diesen angewiesen, die Entscheidung des LG gem. § 156 Abs. 6 Satz 1 KostO herbeizuführen zu der Höhe des für die Gebühr nach § 38 Abs. 2 Nr. 4 KostO anzusetzenden Geschäftswertes sowie zu der Frage, wie die Gebühren für die Beurkundung der Betreuungs- und der Patientenverfügung zu berechnen sind. Der Kostengläubiger hat Anschlussbeschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, es handele sich um die Beurkundung einer Vorsorgevollmacht im Sinn des § 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB mit schon kraft Gesetzes eingeschränkter Verwendungsmöglichkeit nur im Betreuungsfall. Die Klarstellung, dass die Vollmacht im Außenverhältnis unbeschränkt ist, diene nur der beanstandungsfreien Verwendungsmöglichkeit im Rechtsverkehr, insbesondere beim Grundbuchamt. Daher sei beim Geschäftswert ein Abschlag vom Bruttovermögen des Vollmachtgebers gerechtfertigt, der entsprechend der Entscheidung des OLG Stuttgart (JurBüro 2000, 428 = ZNotP 2001, 37 mit Anm. Tiedtke) mit 50 % angemessen sei. Hinsichtlich der Betreuungs- und Patientenverfügung werde Gegenstandsverschiedenheit angenommen.

Die vorgesetzte Dienstbehörde des Kostengläubigers ist gehört worden. Auf die Stellungnahme vom 5.3.2004 (Bl. 44-46 d.A.) wird Bezug genommen. Die angehörten Kostenschuldner haben mitgeteilt, es habe keine jederzeit wirksame uneingeschränkte Vollmacht erteilt werden sollen, sondern lediglich Vorsorgevollmacht.

Das LG hat mit Beschluss vom 6.8.2004 (Bl. 83-89 d.A.) die Anweisungsbeschwerde zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, im Hinblick auf den ausdrücklich bestimmten Zweck und die Person der Bevollmächtigten sei es nicht gerechtfertigt, die vorliegend protokollierte Vollmacht kostenrechtlich anders zu beurteilen als eine ausdrücklich nur für den Fall der Betreuungsbedürftigkeit oder Geschäft...

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