Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde nach "Einigung" über den Streitwert in Vergleichsverhandlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zulässigkeit einer Streitwertbeschwerde steht es nicht entgegen, dass sich die anwaltlich vertretene Partei in außergerichtlich geführten Vergleichsverhandlungen mit diesem Streitwert einverstanden erklärt hat und dieser Streitwert der Kostenquote des gerichtlich festgestellten Vergleichs zugrunde gelegt wurde. Dies lässt weder die Beschwer entfallen noch ist diesem Verhalten ein Rechtsmittelverzicht zu entnehmen.

 

Normenkette

GKG §§ 48, 68; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.11.2012; Aktenzeichen 2-28 O 128/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Streitwertbeschluss der 28. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 21.11.2012 - Az. 2-28 O 128/12 - abgeändert.

Der Gebührenstreitwert des Rechtsstreits und der Gegenstandswert des Vergleichs werden auf 31.955,73 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Streitwertfestsetzung des LG.

Die Klägerin hat die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung und vorsätzlichen Kapitalanlagebetrugs im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einem geschlossenen Medienfonds auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Dabei hat sie die Zahlung des Anlagebetrages zzgl. Agio (26.842,82 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Anlagezeitpunkt Zug um Zug gegen Abtretung ihres Kommanditanteils begehrt und die Freistellung von einer anwaltlichen Gebührenforderung i.H.v. 1.419,19 EUR (Klageantrag zu 1.). Daneben hat sie die Beklagte auf Zahlung entgangener Anlagezinsen in Höhe 12.390,35 EUR in Anspruch genommen (Klageantrag zu 2.). Den Betrag der entgangenen Zinsen hat die Klägerin als gleich bleibenden Hundertsatz (4 % p. a.) der Anlagesumme nebst Agio errechnet. Zudem hat die Klägerin die Feststellung beantragt, dass die Beklagte sie von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen im Zusammenhang mit der Beteiligung freizustellen hat (Klageantrag zu 3.).

Die Beklagte teilte dem Gericht mit, dass sich die Parteien auf einen Vergleich dahingehend geeinigt hätten, dass die Beklagte an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 40 % des Nominalbetrages der Beteiligung ohne Agio (10.225,84 EUR) zahlt, wobei von den Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs die Klägerin 76,95 % und die Beklagte 23,05 % zu tragen hat. Die Beklagte gab an, dass sich die Parteien auch auf den Streitwert und die daraus resultierende Kostenquote geeignet hätten. Der Gesamtstreitwert betrage 44.346,08 EUR, wobei auf den Klageantrag zu 1.) 26.842,82 EUR, auf den Klageantrag zu 2.) 12.390,35 EUR und auf den Klageantrag zu 3.) 5.112,91 EUR (20 % der Nominalbeteiligung) entfielen (Bl. 229 f. d.A.).

Nachdem die Klägerin gegenüber dem LG ihr Einverständnis mit dem mitgeteilten Vergleich erklärt hatte, hat das LG mit Beschluss vom 20.11.2012 das Zustandekommens dieses Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt (Bl. 233 f. d.A.) und mit Beschluss vom 21.11.2012 den Streitwert auf "bis 45.000 EUR" festgesetzt (Bl. 235 d.A.).

Gegen die Streitwertfestsetzung hat der Klägervertreter am 6.2.2013 "namens und im Auftrag der hinter der klagenden Partei stehenden Rechtsschutzversicherung" Beschwerde eingelegt, mit der er die Herabsetzung des Streitwertes um den für die entgangenen Anlagezinsen (Klageantrag zu 2.) berücksichtigten Betrag (12.390,35 EUR) begehrt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung stelle ein solcher Zinsschaden eine Nebenforderung dar, die den Streitwert der Hauptsache nicht erhöhe.

Die Beklagte hat die Streitwertfestsetzung verteidigt. Sie hält die Klägerin bereits nicht für beschwerdebefugt, weil der dem gerichtlichen Vergleich zugrunde gelegte Streitwert auf einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien beruhe. Dies sei als Verzicht auf eine Streitwertbeschwerde auszulegen. Zudem habe die zwischen den Parteivertretern getroffene Vereinbarung zur Höhe des Streitwertes den Vorgaben des BGH entsprochen. Der mit dem Klageantrag zu 2.) begehrte entgangene Zinsgewinn sei keine Nebenforderung im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung, weil die Klägerin bereits unter dem Klageantrag zu 1.) Zinsen aus der Hauptforderung begehrt habe; eine Nebenforderung i.S.d. § 4 ZPO könne aber nur einmal in Abhängigkeit zu Hauptforderung entstehen. Jedenfalls wären 60 % des sich aus dem Antrag zu 1.) ergebenden Zinsbetrages als Hauptforderung streitwerterhöhend. Die Klägerin errechne nämlich diesen Zinsbetrag aus dem vollen Nominalbetrag nebst Agio, obwohl sie - unstreitig - ca. 60 % des Kapitals über Steuerersparnis und Ausschüttungen zurückerhalten habe. Damit bestehe in dieser Höhe bereits keine Hauptforderung, aus der Zinsen als abhängige Nebenforderung entstanden sein könnten.

Unter dem 20.2.2013 hat der Klägervertreter klargestellt, dass die Streitwertbeschwerde namens und im Auftrag der Klägerin eing...

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