Leitsatz (amtlich)

Schreibt ein Anwalt im Rahmen der Beratungshilfe den einzigen Gläubiger an, um die Höhe der Forderung zu erfahren, so erfüllt diese Tätigkeit die Voraussetzungen der Nr. 2604 (jetzt: 2504) VV auch dann nicht, wenn das Schreiben den Hinweis enthält, dass mit Hilfe der Insolvenzordnung eine Schuldenbereinigung durchgeführt werden sollte.

 

Normenkette

BerHG § 3; InsO § 305; RVG-VV Nrn. 2503-2504

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 19 T 497/06)

 

Gründe

Der Antragsteller ist für den Rechtssuchenden im Rahmen der Beratungshilfe tätig geworden. Der an das AG gerichtete und am 22.2.2006 positiv beschiedene Beratungshilfeantrag lautete auf Beratungshilfe für eine "Tätigkeit mit dem Ziel außergerichtlicher Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (§ 305 I Nr. 1 InsO)". Der Antragsteller hat unter Vorlage eines Anschreibens vom 28.2.2006 an einen Gläubiger Festsetzung seiner durch die Staatskasse zu zahlenden Gebühren i.H.v. 283,04 EUR begehrt. Durch Beschluss vom 7.3.2006 hat das AG die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags auf 97,44 EUR festgesetzt. Das AG hat die Auffassung vertreten, dass eine Gebühr nach Nr. 2604 RVG-VV nicht angesetzt werden könne, da es nur einen Gläubiger gegeben habe. Auf die Erinnerung des Antragstellers hat das AG durch richterlichen Beschluss vom 19.5.2006 unter Zulassung der Beschwerde die Vergütung auf 283,04 EUR festgesetzt und ausgeführt, die Tätigkeit sei nach Nr. 2604 VVRVG mit 224 EUR zu vergüten, da mit der Formulierung "bis zu 5 Gläubigern" in der besagten Nummer zwangsläufig auch ein Gläubiger erfasst sei. Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor Beschwerde eingelegt, die das LG unter Zulassung der weiteren Beschwerde durch Beschluss vom 25.9.2007 zurückgewiesen hat.

Gegen diesen Beschluss hat die Staatskasse hinsichtlich der zugesprochenen Gebühr nach Nr. 2604 VV weitere Beschwerde eingelegt. Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Die weitere Beschwerde ist zulässig. Dahinstehen kann, ob die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, denn der Senat ist an die Zulassung der weiteren Beschwerde durch das LG gebunden (§§ 56 Abs. 2, 33 VI RVG). Die am 8.10.2007 bzw. 10.10.2007 eingegangene weitere Beschwerde der Staatskasse ist fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG) beim Erstbeschwerdegericht eingelegt worden, da der angefochtene Beschluss erst am 2.10.2007 von der Geschäftsstelle zur Versendung gebracht worden und eine Zustellung nicht erfolgt ist, so dass die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt worden ist (vgl. Riedel/Sußbauer/Schmal, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Aufl. (2005), § 56 Rz. 13).

Die weitere Beschwerde führt zur Abänderung sowohl der landgerichtlichen als auch der amtsgerichtlichen richterlichen Entscheidung. Die weitere Beschwerde ist zwar eine Rechtsbeschwerde, eine weitere Sachverhaltsklärung ist jedoch nicht erforderlich, so dass der Senat abschließend entscheiden kann. Dass das LG die vorgesehene Abhilfeprüfung (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 1, Abs. 6 S. 4 RVG; vgl. AnwKomm/RVG/Schnapp (2006), § 56 Rz. 19 ff.; Riedel/Sußbauer/Schmal, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 9. Aufl. (2005), § 56 Rz. 22) nicht vorgenommen hat, hindert die Senatsentscheidung ebenfalls nicht (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 66. Aufl., § 572 ZPO Rz. 13 und 17).

Die vorinstanzlichen Entscheidungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die angefochtenen vorinstanzlichen Entscheidungen haben sich lediglich damit auseinandergesetzt, ob statt der Gebühr nach Nr. 2603 VV die Gebühr nach Nr. 2604 RVG-VV auch dann festzusetzen ist, wenn nur ein Gläubiger beteiligt ist. Hierzu hat die Richterin in der amtsgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis herausgestellt, dass die Anwaltsgebühren nach der Anzahl der Gläubiger gestaffelt sind und sich aus dem Wortlaut des Vergütungsverzeichnisses nicht ergibt, dass beim Vorhandensein nur eines Gläubigers der Anwalt auf die wesentlich niedrigere Geschäftsgebühr der Nr. 2603 VV zurückgeworfen sein soll. Dem ist das LG gefolgt.

Die Vorinstanzen sind zunächst zutreffend stillschweigend davon ausgegangen, dass grundsätzlich ein Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse auf die Beratungshilfebewilligung gestützt werden kann, ohne dass weiter hinterfragt werden kann, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe für ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren vorgelegen haben (vgl. Schoreit/Dehn, BerH/PKH, § 56 BerHG Rz. 4).

Nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO muss der Schuldner dem Gericht mit seinem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich danach eine Bescheinigung vorlegen aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsant...

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