Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerecht: Zu den Voraussetzungen des § 1696 BGB; Kriterien für Sorgerechtsänderung

 

Normenkette

BGB §§ 1671, 1696

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erheben, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Bei den Beteiligten zu 1. und 2. handelt es sich um die geschiedenen Eltern des am ... 1996 geborenen Kindes X, das seinen Aufenthalt bei der Mutter hat, und des inzwischen volljährigen Kindes Y, geb. am ... 1990. Im Rahmen des Verbundurteils des AG -Familiengericht- Wetzlar vom 17.10.2006 -..., wurde der Kindesmutter auf übereinstimmenden Vorschlag der Kindeseltern die alleinige elterliche Sorge für beide Kinder übertragen. Bezüglich des Kindes Y hat das AG mit Beschl. v. 31.5.2007 -..., unter Abänderung der Entscheidung vom 17.10.2006 dem Antragsteller mit Zustimmung der Kindesmutter die elterliche Sorge übertragen.

Mit Erklärung zu Protokoll vom 5.8.2009 hat der Antragsteller beantragt, ihm auch die alleinige elterliche Sorge für das Kind X zu übertragen. Zur Begründung des Abänderungsbegehrens hat er im Wesentlichen vorgetragen, das Kind wünsche einen Aufenthalt im väterlichen Haushalt, auch um dauerhaften Kontakt zu seinem dort lebenden - volljährigen- Bruder Y pflegen zu können. Seit ... 2009 lebe X nicht mehr im Haushalt der Kindesmutter, sondern sei von dieser zur Familie A abgeschoben" worden, damit die Kindesmutter einen Lebenswandel mit exzessivem Alkoholkonsum (Beweis: Zeugnis Y, Z1, Z2, Z3, Z4) und wechselnden Männerbekanntschaften pflegen könne. Die Kindesmutter sei psychisch krank und bedürfe der psychiatrischen Behandlung, es drohe daher eine psychische Gefährdung des Kindes. Die Kindesmutter sei auch deshalb erziehungsungeeignet, weil sie den Umgang des Kindes mit seinem Vater beharrlich verweigere und das Kind Angst vor der Mutter und ihrem neuen Lebensgefährten habe.

In einem vorangegangenen Verfahren des AG -Familiengericht- Wetzlar, Az ..., in dem der Antragsteller die Regelung des Umgangs mit dem Kind X begehrte, hat das AG ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, welche Sorge- und Umgangsregelung dem Wohl der beiden Kinder unter Klärung der Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern am ehesten entspreche. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 20.2.2009 Bezug genommen (Bl. 283 ff der beigezogenen Akte des Amtgerichts Wetzlar, Az ...).

Der Antragsteller wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen das Ergebnis und die Verwertung dieses Sachverständigengutachtens und macht geltend, der Sachverständige sei voreingenommen, zudem sei er - der Kindesvater - entgegen dem Ergebnis des Gutachtens erziehungsgeeignet (Beweis: Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, Zeugnis Z5, Z6).

In einem weiteren - von Amts wegen nach der im vorliegenden Verfahren erfolgten Anhörung des Kindes X vom ... 2009 eingeleiteten - Verfahren wegen etwaiger Gefährdung des Kindeswohls hat das AG der Kindesmutter auf Anregung des Jugendamtes mit Beschl. v. 20.8.2009 -..., das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitssorge, das Recht zur Regelung des Umgangs und zur Beantragung von Erziehungshilfen für das Kind X im Wege einstweiliger Anordnung entzogen und das Jugendamt der Stadt01 als Pfleger eingesetzt, um eine stationäre Aufnahme des Kindes in eine Jugendhilfeeinrichtung herbeizuführen. X hielt sich aufgrund dessen in der Folgezeit in einem C auf. Im Beschwerdeverfahren des Senats, Az ..., wurde der Beschluss vom 20.8.2009 aufgehoben. X kehrte im März 2010 in den Haushalt der Kindesmutter zurück und hält sich seitdem dort auf.

Die Kindesmutter, die nach eigenen Angaben Psychotherapie in Anspruch nimmt, hat das Vorliegen einer Alkoholerkrankung bzw. psychischen Erkrankung bestritten und geltend gemacht, X wünsche einen Aufenthalt im mütterlichen Haushalt. Im Haushalt der Familie A habe X sich lediglich vorübergehend und nur am Wochenende aufgehalten.

Das Amtgericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 9.3.2010 zu der Frage, ob die Kindesmutter innerhalb der letzten 12 Monate in nachweisbarer Menge Alkohol konsumiert habe und vom Vorliegen einer Alkoholerkrankung auszugehen sei, das Gutachten der Sachverständigen SV2 vom 21.5.2010 eingeholt, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 130ff d.A.).

Die seitens des AG eingesetzte Verfahrenspflegerin des Kindes hat (zusammengefasst) dahingehend Stellung genommen, dass es an Anhaltspunkten für eine psychische Erkrankung und/oder einen Alkoholmissbrauch oder eine Erziehungsunfähigkeit der Kindesmutter und damit an einem Anlass für eine Abänderung der Sorgerechtsregelung fehle; X fühle sich im Haushalt der Kindesmutter wohl, sei dort gut versorgt und lehne Kontakte zu seinem Vater ab.

Das Jugendamt hat vor dem Hintergrund des eingeholten Sachverständigengutachtens und der seitens der Kindesmutter und des Kindes selbst in Anspruch ge...

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