Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Teilentscheidung im Verfahren über Kindes- und Trennungsunterhalt

 

Verfahrensgang

AG Bensheim (Entscheidung vom 02.05.2022; Aktenzeichen 72 F 365/21 UEUK)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Teilbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 02.05.2022 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Bensheim zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Im Übrigen obliegt dem Amtsgericht die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9.228,00 EUR festgesetzt.

Der Beschwerdegegnerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A, Straße1, Gemeinde1 bewilligt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit dem 30.03.2022 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die beiden Kinder B, geb. am XX.XX.2009 und C, geb. am XX.XX.2012 hervorgegangen.

Die Antragstellerin macht im Verfahren Kindes- und Trennungsunterhalt geltend. Zuletzt hat sie begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 555,80 EUR sowie ab dem 01.03.2022 laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von 1.203,18 EUR zu zahlen; daneben hat sie laufenden Kindesunterhalt für beide Kinder in Höhe von 128 % des Mindestunterhalts zuzüglich rückständigen Kindesunterhalts begehrt.

Mit Beschluss vom 02.05.2022 wies das Amtsgericht darauf hin, dass das Verfahren hinsichtlich des rückständigen Trennungs- und Kindesunterhalts nicht entscheidungsreif sei. Im Termin vom 23.02.2022 seien nur unvollständige Anträge gestellt worden, der Antrag auf rückständigen Kindes- und Trennungsunterhalt nach August 2021 sei offenbar versehentlich nicht gestellt worden. Nachdem die Ehe zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden sei, bestehe kein Trennungsunterhaltsanspruch. Das Amtsgericht forderte unter Fristsetzung zur Formulierung vollständiger aktueller Anträge auf.

Mit Teilbeschluss vom 04.05.2022 hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für beide Kinder jeweils einen Kindesunterhalt in Höhe von 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts der Düsseldorfer Tabelle der jeweiligen Altersstufe abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes zu zahlen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, dass der Antragsgegner neben einem unstreitigen Einkommen aus Erwerbstätigkeit von 2.092,97 EUR über einen Wohnvorteil verfüge, der mit 697,34 EUR zu beziffern sei. Den Wohnvorteil hat es dabei dem Vorbringen des Antragsgegners zu Wohnfläche und anzusetzenden Mietpreis folgend errechnet. Zusätzlich hat es dem Antragsgegner Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage angerechnet. Berufsbedingte Aufwendungen hat es mangels ausreichender Substantiierung nicht anerkannt. Unter Berücksichtigung diverser anzuerkennender Verbindlichkeiten, wegen deren Einzelheiten auf die angefochtene Entscheidung verwiesen wird, gelangte das Amtsgericht zu einer Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zur Zahlung von 100 % des Mindestunterhalts.

Hiergegen hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt.

Er beantragt,

den Beschluss des Familiengericht Bensheim vom 02.05.2022 dahingehend abzuändern, dass er keinen Kindesunterhalt zu zahlen habe.

Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 19.07.2022 gemäß § 117 Abs. 3 FamFG darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der erneuten Durchführung der mündlichen Verhandlung abzusehen und dass er die Beschwerde für begründet hält, da eine unzulässige Teilentscheidung ergangen sei.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat zumindest vorläufigen Erfolg und führt gemäß §§ 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Satz 3 ZPO zur Aufhebung des erstinstanzlichen Teilbeschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Der vom Amtsgericht getroffene Teilbeschluss über die Anträge der Antragstellerin auf künftigen Kindesunterhalt stellt eine gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 301 ZPO unzulässige Teilentscheidung dar.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass eine Teilentscheidung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Verfahrensgegenstands nur ergehen darf, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist insbesondere dann gegeben, wenn in einer Teilentscheidung eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Entscheidungselemente geht, die weder in Rechtskraft erwachs...

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