Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenhaftung bei Streitantrag durch den Antragsgegner des Mahnverfahrens

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt der Antragsgegner des Mahnverfahrens den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO, ist er für die nach Nr. 1210 KV GKG anfallenden Verfahrensmehrkosten Kostenschuldner nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG, weil er das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Das Streitverfahren ist gegenüber dem Mahnverfahren kostenrechtlich ein neuer Rechtszug. Hat der Antragsteller ebenfalls das streitige Verfahren beantragt, aber nicht die vor Abgabe an das Prozessgericht erforderten Gebühren gezahlt, haften Antragsteller und Antragsgegner als Gesamtschuldner (wie OLG Karlsruhe, JurBüro 1995, 42).

 

Normenkette

GKG KV Nrn. 1100, 1210; GKG § 12 Abs. 3 S. 3, § 22 Abs. 1, § 35; ZPO § 696 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 29.05.2019; Aktenzeichen 2-12 O 82/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

In der Beschwerdesache wird die Beschwerde der Beklagten vom 07.06.2019 gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29.05.2019 zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 200 EUR.

2. In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht die Erinnerung der Beklagten gegen den Kostenansatz vom 12.03.2019 zurückgewiesen. Die Beklagte ist Kostenschuldnerin der 3,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 Abs. 1 KV GKG, abzüglich der 0,5 Gebühr des Mahnverfahrens nach Nr. 1100 KV GKG, in Höhe von 2.865 EUR.

Für diese Kosten haftet sie gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG als Gesamtschuldnerin mit der Klägerin, weil auch sie als Antragsgegnerin im vorangegangenen Mahnverfahren mit Schriftsatz vom 25.02.2019 den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt und dadurch die Abgabe der Sache an das Prozessgericht veranlasst hat.

a) Abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen schuldet nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Dies war hier (auch) die Antragsgegnerin und nunmehrige Beklagte, auf deren Antrag hin die Sache gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO in das Streitverfahren übergegangen ist. Das Streitverfahren ist gegenüber dem vorgelagerten Mahnverfahren ein neuer und damit die Kostenpflicht auslösender Rechtszug im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG (OLG Düsseldorf, JurBüro 1984, 1696; JurBüro 1992, 102; OLG Hamburg, MDR 1984, 412, 413; OLG Karlsruhe, JurBüro 1995, 42; MDR 2018, 1408; OLG München, MDR 1984, 947, 948; LG Frankenthal, MDR 1995, 1175; BeckOK KostenR/Semmelbeck, 26. Ed., § 22 GKG Rn. 42; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., § 22 GKG Rn. 10; Volpert/Fölsch/Köpf, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes KostenR, 2. Aufl., § 22 GKG Rn. 36 und 50; a.A. KG, JurBüro 2018, 21 = BeckRS 2017, 131220, Rn. 4; OLG Koblenz, MDR 2015, 1096 = BeckRS 2015, 13368, Rn. 6 f.; OLG München, MDR 1995, 1072, 1073; Schneider, NJW-Spezial 2017, 27, 28). Insoweit weichen der kostenrechtliche und der prozessuale Rechtszug voneinander ab (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 22 GKG Rn. 4 "Beklagter" und Rn. 12).

Dass kostenrechtliche und prozessuale Instanz auseinanderfallen können, wird mit Blick auf die Erhebung der Widerklage deutlich (vgl. OLG Karlsruhe, JurBüro 1995, 42, 43). Obgleich Klage und Widerklage zu demselben prozessualen Rechtszug gehören, handelt es sich um eigenständige Rechtszüge im kostenrechtlichen Sinn und ist der Widerkläger Antragsteller der Instanz (OLG München, MDR 2003, 1077 f. m. Anm. Hartung; BeckOK KostenR/Semmelbeck, § 22 GKG Rn. 42). Andernfalls schuldete der Kläger zugleich die Kosten der gegen ihn gerichteten Widerklage, da er das Klageverfahren beantragt hat.

Überdies folgt aus der Systematik des § 22 Abs. 1 GKG, dass die Kosten demjenigen aufzuerlegen sind, der die Überleitung der Sache vom Mahn- in das Streitverfahren beantragt hat. Wäre dies stets der Antragsteller, der den Mahnantrag eingereicht und damit das Verfahren als "einheitlichen Rechtszug" beantragt hat, wäre die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 GKG überflüssig (OLG Oldenburg, NJOZ 2017, 79, 80). Sie ordnet an, dass nach Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid derjenige die Kosten schuldet, der den Vollstreckungsbescheid beantragt hat. Dass es sich bei § 22 Abs. 1 Satz 2 GKG indes um eine rein deklaratorische Vorschrift handelt (so KG, JurBüro 2018, 21 = BeckRS 2017, 131220, Rn. 9; ferner Schneider, NJW-Spezial 2017, 27, 28), lässt sich weder aus ihrem Normzweck noch aus den Gesetzesmaterialien ableiten. Vielmehr ging auch der Gesetzgeber bei Schaffung der Vorläuferregelung in § 49 GKG a.F. durch das KostRÄndG 1994 davon aus, dass "dem Mahnverfahren (...) eine kostenrechtlich neue Instanz in Form des Streitverfahrens folgt...

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