Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen eines stillschweigenden Wettbewerbsverbots in einem Herausgebervertrag.

 

Normenkette

BGB § 242; VertragsG § 2; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.06.2005; Aktenzeichen 2-6 O 238/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 1.6.2005 - Az: 2/6 O 238/05 - abgeändert.

Dem Antragsgegner wird es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, vor dem 31.12.2007 die von der FAZ unter dem Titel "X" angekündigte Buchreihe herauszugeben.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Eilverfahrens trägt der Antragsgegner ¾ und die Antragstellerin ¼.

Beschwerdewert: 2 Mio. EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin verlegt seit 1989 eine Buchreihe unter dem Titel "Y". In dieser Reihe erscheinen monatlich hochwertig ausgestattete Werke der Literatur sowie Reportagen, politische Interventionen und Handbücher für anspruchsvolle Leser. Der Antragsgegner, einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller, ist einer der Mitbegründer der Reihe "Y".

Zwischen den Parteien besteht seit dem 26.9.1989 ein Herausgebervertrag, mit dem sich der Antragsgegner als Herausgeber verpflichtete, jährlich 12 Titel auszuwählen und in der Reihe "Y" herauszugeben. Der Vertrag wurde durch mehrere Nachträge ergänzt und durch Nachtrag Nr. 5 vom 26.9.1989 bis zum 31.12.2005 verlängert. Weiter heißt es im Nachtrag Nr. 5 unter Ziff. 1):

"... Diese Frist verlängert sich automatisch um ein Jahr, falls der Vertrag nicht drei Jahre vor Ablauf der Frist von einem der beiden Vertragspartner gekündigt wird, was keiner weiteren Begründung bedarf. Entsprechendes gilt auch für weitere Verlängerungen um jeweils ein Kalenderjahr".

Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 15.10.2004 erklärte der Antragsgegner den Rücktritt vom bzw. die Kündigung des Herausgebervertrages zum 31.3.2005, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Begründet wurde der Rücktritt gem. § 4 Abs. 3 des Herausgebervertrages mit Veränderungen an den Kapital- und Stimmrechtsverhältnissen bei der Antragstellerin. Hinsichtlich der hilfsweise ausgesprochenen fristlosen Kündigung beruft sich der Antragsgegner auf Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Parteien und § 40 Urheberrechtsgesetz.

Anfang Mai 2005 schloss der Antragsgegner einen Vertrag über die Herausgabe einer Buchreihe mit dem Titel "X" ab, die ab Herbst 2005 als Gemeinschaftsprojekt der FAZ und des ...-Verlags erscheinen soll.

Die Antragstellerin meint, der Antragsgegner verletze mit der Herausgabe der Reihe "X" seine Verpflichtungen aus dem bestehenden Herausgebervertrag über "Y". Der Herausgebervertrag sehe zwar kein ausdrückliches Konkurrenzverbot vor. Auch ohne eine solche Regelung sei der Antragsgegner aber während der Laufzeit des Vertrages in seinem wettbewerblichen Verhalten an die Grenzen gebunden, die sich aus dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Verleger und Herausgeber ergeben. Dazu gehöre namentlich, sich für kein Vorhaben zu engagieren, das das Profil des Werks im literarischen Wettbewerb "verwässere". Mit den Treuepflichten des Antragsgegners sei es deshalb schlechthin unvereinbar, dass er sich unter der Geltung des bestehenden Herausgebervertrages für eine konkurrierende Buchreihe in die Dienste eines anderen Verlags stelle. Ein Unterlassungsanspruch stehe ihr, der Antragstellerin, auch unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs, namentlich der unlauteren Behinderung gem. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG zu. Der Herausgebervertrag laufe noch bis zum 31.12.2007, er sei weder rückabgewickelt noch vorzeitig gekündigt worden. Gründe, die zu einem Rücktritt oder einer außerordentlichen Kündigung berechtigten hätten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung nicht vorgelegen.

Die Antragstellerin hat deshalb im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt: Dem Antragsgegner wird es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR - ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, die von der FAZ unter dem Titel "X" angekündigte Buchreihe herauszugeben, hilfsweise, vor dem 31.12.2007 die von der FAZ unter dem Titel "X" angekündigte Buchreihe herauszugeben.

Das LG hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgelehnt, der Buchreihe "Y" komme weder wettbewerbliche Eigenart zu, noch unterliege der Antragsgegner einem stillschweigenden Wettbewerbsverbot.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und - nach dem Hilfsantrag - auch begründet. Nach dem vorgetragenen und glaubhaft gemachten Sachverhalt steht der Antragstellerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner jedenfalls bis zur Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Herausge...

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