Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung sowie gutgläubiger Erwerb von Teileigentum

 

Verfahrensgang

AG Königstein (Aktenzeichen 3 UR II 32/94)

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/9 T 671/95)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Königstein vom 06.09.1995 werden insoweit aufgehoben, als durch sie der Anfechtungsantrag gegen den Eigentümerbeschluß vom 13.07.1994 TOP 4 zurückgewiesen worden ist. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Der Eigentümerbeschluß vom 13.07.1994 TOP 4 wird für ungültig erklärt. Von den Gerichtskosten aller Instanzen tragen der Antragsteller 1/5, die Antragsgegner 4/5. Außergerichtliche Kosten werden in allen Instanzen nicht erstattet.

Wert: 100.000,00 DM.

 

Gründe

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache zur Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 13.07.1994 TOP 4, weil entgegen der Annahme des Landgerichts dem Antragsteller die Nutzung seines Teileigentums als Restaurant nicht untersagt werden kann. Hinsichtlich des auf die Eigentümerversammlung vom 14.12.1994 bezogenen Antrags bleibt die weitere Beschwerde aus den schon vom Amtsgericht angegebenen Gründen ohne Erfolg.

Amts- und Landgericht sind zutreffend davon ausgegangen, daß die Beteiligten nach Besitzüberlassung und Eintragung einer Auflassungsvormerkung als werdende Wohnungseigentümer den Eigentümerbeschluß vom 13.07.1994 fassen konnten und der Antragsteller anfechtungsberechtigt gewesen ist (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., vor § 43 Rn 1, 4, 5; OLG Hamm OLGZ 94, 515/519). Dem Landgericht kann auch noch darin gefolgt werden, daß die … als teilende Eigentümerin, die zu der Abänderung der Teilungserklärung am 18.08.1993 wegen zuvor eingetragener Auflassungsvormerkungen die Zustimmung der Vormerkungsberechtigten hätte einholen müssen (BayObLG DNotZ 94, 233 = NJW-RR 93, 1362 = Rpfleger 94, 17; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 10 Rn. 38; insoweit auch zustimmend Röll DNotZ 94, 237), sich nicht ersatzweise auf die in den Kaufverträgen enthaltenen gleichlautenden Vollmachten zur Abänderung der Teilungserklärung berufen kann. Das Landgericht ist durch eine Auslegung der einschlägigen vertraglichen Bestimmungen rechtlich unangreifbar zu dem Ergebnis gekommen, daß die Vollmacht in den Kaufverträgen mangels einer für das Grundbuchverfahren erforderlichen Bestimmtheit und wegen der weitreichenden Folgen für die Erwerber (vgl. insoweit auch BayObLG Rpfleger 74, 400) eine Änderung der Teilungserklärung hinsichtlich der Nutzung des Teileigentums nicht erfaßt hat (vgl. auch BGH DNotZ 86, 273; BayObLG DNotZ 94, 233/236; NJW-RR 95, 208 unter Berücksichtigung auch der Kritik von Röll in DNotZ 94, 237). Damit war die Änderung der Teilungserklärung vom 18.08.1993 unwirksam und mit ihrer Eintragung am 08.02.1994 das Grundbuch unrichtig geworden.

Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Annahme des Landgerichts, daß der Antragsteller sein Teileigentum mit der Zweckbestimmung „Restaurant” nicht gutgläubig habe erwerben können (§ 892 I 1 BGB).

Der gutgläubige Erwerb dieser Berechtigung des Antragstellers ist möglich, da sich die Fiktion von der Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch auf den Bestand und den Umfang des eingetragenen Rechts sowie auf die Vollständigkeit der Grundbucheintragung erstreckt (vgl. Demharter DNotZ 91, 28; zum gutgläubigen Erwerb von Sondernutzungsrechten: OLG Stuttgart OLGZ 86, 35; BayObLG DNotZ 90, 381). Obwohl der Antragsteller nicht unerheblich an der Bauträger-GmbH beteiligt ist, ist mangels einer persönlichen oder wirtschaftlichen Identität der Vertragspartner ein Rechtsscheinerwerb auch nicht ausgeschlossen (vgl. BGHZ 78, 318/325; Hachenburg-Mertens, GmbHG, 8. Aufl., auch § 13 Rn 65–67; Palandt-Bassenge BGB, 56. Aufl., § 892 Rn 6, 7).

Das Landgericht ist noch zutreffend unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BGH (WM 70, 476) und des OLG Hamm (NJW-RR 93, 1295) davon ausgegangen, daß der positiven Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 892 I 1 BGB) im Einzelfall auch die Kenntnis von Tatsachen gleichgesetzt werden kann, die die Unrichtigkeit bewirken. Dabei darf aber, um keine Erkundigungspflicht einzuführen oder eine grobfahrlässige Unkenntnis genügen zu lassen, eine positive Kenntnis nur angenommen werden, wenn der Erwerb Tatsachen kennt, die ihm bei seinen subjektiven Erkenntnismöglichkeiten die Überzeugung von der Unrichtigkeit des Grundbuchs geradezu aufdrängen (OLG Hamm, a.a.O.; BGH, a.a.O. für den Fall der Geschäftsunfähigkeit). Bei allen vom Landgericht angeführten Tatsachen hält der Senat im Gegensatz zum Landgericht diese Anforderung im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 892 II BGB) für nicht erfüllt.

Die Unrichtigkeit des Grundbuchs beruht hier auf der fehlenden Zustimmung der Vormerkungsberechtigten zur Nutzungsänderung bzw. auf der unzulänglichen Vollmacht in den Kaufverträgen. Dies zu erkennen erfordert Rechts- und Rechtsprechungskenntnisse, die von einem juristischen Laien nicht...

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