Leitsatz (amtlich)

1. Die Wohnungseigentümerversammlung ist nicht öffentlich. Durch einen Beschluss zur Geschäftsordnung kann nichtteilnahmeberechtigten Personen die Anwesenheit gestattet werden.

2. Gegenstand der Genehmigung der Jahresabrechnung sind die tatsächlich in dem betroffenen Abrechnungszeitraum getätigten Einnahmen und Ausgabe der Gemeinschaft, also die rechnerische Richtigkeit. Die Berechtigung der Ausgaben ist dagegen grundsätzlich bei der Entlastung des Verwalters für seine Tätigkeit im Abrechnungszeitraum maßgeblich. Erstellt ein neuer Verwalter die Abrechnung für Zeiträume, in denen er nicht Verwalter war, betrifft seine Entlastung nur die Abrechnungserstellung.

3. Die Verwendung eines der Teilungserklärung nicht entsprechenden Verteilungsschlüssels bei der Heizkostenabrechnung führt nicht zur Unwirksamkeit der Gesamtjahresabrechnung, sondern allenfalls der Einzelabrechnung(en).

4. Bei Unvollständigkeit des Vermögensstatus ist nur ein Anspruch auf Ergänzung gegeben, der in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht werden muss.

5. Wenn die Wohnungseigentümer beschließen, dass die Vorschussforderungen aus einem konkreten beschlossenen Wirtschaftsplan zu Beginn des Wirtschaftsjahres insgesamt fällig werden, den Wohnungseigentümer jedoch die Möglichkeit monatlicher Teilleistungen eingeräumt wird, solange sie nicht mit mindestens zwei Teilbeträgen in Rückstand geraten, handelt es sich um eine Verfallklausel, die von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gedeckt ist und im Grundsatz nicht ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht (Anschluss an BGH v. 2.10.2003 - V ZB 34/03, BGHReport 2004, 5m. Anm. Becker = NJW 2003, 3550).

 

Normenkette

WEG §§ 23-24, 28 Abs. 4-5

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 26.11.2003; Aktenzeichen 19 T 394/02)

AG Offenbach (Beschluss vom 14.09.2002; Aktenzeichen 41-II 82/02)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Offenbach am Main vom 14.9.2002 werden abgeändert.

Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 29.4.2002 zu TOP 5 (Fälligkeit Hausgeld) für ungültig erklärt. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens und beider Beschwerdeverfahren trägt der Antragsteller jeweils 94 %, die Antragsgegner tragen 6 %. Außergerichtliche Kosten werden auch im Erstbeschwerdeverfahren und im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht erstattet.

Der Geschäftswert des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf 47.856,06 EUR, der Geschäftswert des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf jeweils 48.356,06 EUR festgesetzt. Davon entfallen 44.856,06 EUR bzw. 45.356,06 EUR auf den zurückgewiesenen Teil.

Dem Antragsteller wird rückwirkend ab Antragstellung Prozesskostenhilfe gewährt, soweit er die Ungültigerklärung des Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 29.4.2002 zu TOP 5 (Fälligkeit Hausgeld) beantragt hat. Im Übrigen wird sein Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft ...-Straße ... in O 1, der Beteiligte zu 3) hat die Verwaltung im Mai 2001 übernommen. Eine ordnungsgemäße Übergabe der Unterlagen von der Vorverwalterin auf den jetzigen Verwalter ist nicht erfolgt. Die Vorverwalterin hatte auch keine Jahresabrechnungen erstellt, der jetzige Verwalter hat die Erstellung der Abrechnungen seit 1998 nachgeholt.

Eingangs des Protokolls über die Eigentümerversammlung vom 29.4.2002 (Bl. 16 d.A.) heißt es:

"Das Stimmrecht erfolgt abweichend von § 25 Abs. 2 WEG, die Auszählung erfolgt gem. Teilungserklärung, § 11 (3) nach Wohnungen bzw. Teileigentum (Kopfprinzip), Mehrfacheigentümer haben für jede Einheit eine Stimme."

Auf dieser Versammlung wurden nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Gesamt- und Einzelabrechnungen 1998/1999,1999/2000, 2000/2001 sowie der Wirtschaftsplan 2002/2003 zu TOP 1 bis 3 bzw. zu TOP 4 mit den Stimmen aller anwesenden Eigentümer genehmigt (Bl. 16-20 d.A.).

Außerdem hat die Versammlung vom 29.4.2002 zu TOP 5 beschlossen, dass das Hausgeld als Jahresbetrag zu Beginn des Wirtschaftsjahres fällig wird. Es kann in zwölf gleichen Raten jeweils am Monatsersten gezahlt werden. Bei mehr als zwei Monatsraten Rückstand wird das gesamte auf das Wirtschaftsjahr entfallende Wohngeld dann sofort fällig (Bl. 21 d.A.).

Schließlich hat die Eigentümerversammlung vom 29.4.2002 zu Tagesordnungspunkt 6 noch beschlossen, dass ein Fachingenieur beauftragt wird, den derzeitigen Zustand und die Mängel an der Terrasse, die zur Wohnung des Miteigentümers A gehört, zu untersuchen. Das Fachingenieurbüro wird des Weiteren beauftragt, einen Kostenvoranschlag über die vorzunehmenden Sanierungsarbeiten auszuarbeiten. Die Kosten sollen über eine noch zu erhebende Sonderumlage finanziert werden.

Mit am 8.5.2002 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat der Antragsteller die Aufhebung sämtlicher Beschlüsse der Eigentümerversammlu...

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