Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 06.11.1990; Aktenzeichen 5 T 1114/90)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts-Grundbuchamt-Offenbach von 15.8.1990 werden aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht-Grundbuchamt-Offenbach am Main nach Maßgabe der Gründe dieses Beschlusses zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Beteiligte ist Eigentümer des oben genannten Wohnungseigentums. Am 13. August 1990 (Nr. 264 der Urkundenrolle für 1990 des Notars … mit Amtssitz in … bewilligte und beantragte er die Eintragung eines Wohnungsrechts nach § 1093 BGB für seine Mutter. Die notariell beglaubigte Erklärung lautet dabei wie folgt: „Ich bestelle hiermit meiner Mutter, …, ein lebenslanges und in der Ausübung unentgeltliches Wohnungsrecht” …

Am 15.8.1990 hat das Grundbuchamt Offenbach den Antragsteller unter Fristsetzung bis zum 30.9.1990 aufgefordert, eine öffentlich beglaubigte Ergänzungserklärung beizubringen, da die Unentgeltlichkeit nicht als Bestandteil des Wohnrechts im Grundbuch eingetragen werden könne. Der Antragsteller ist jedoch bei seinem Eintragungsantrag geblieben. Er hat vorgebracht, die Unentgeltlichkeit solle keinesfalls Bestandteil des Wohnrechts sein. Dies komme hinreichend deutlich bereits dadurch zum Ausdruck, daß im Bewilligungstext die Unentgeltlichkeit zur bloßen Ausübungsregel gemacht sei.

Rechtspflegerin und Grundbuchrichterin haben der Erinnerung nicht abgeholfen. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Notar namens des Beteiligten eingelegte weitere Beschwerde. Er hält die gewählte Formulierung für hinreichend klar. Eines Zusatzes, daß die angeführte Unentgeltlichkeit des Wohnrechtes nur schuldrechtlichen Charakter habe, bedürfe es deswegen nicht.

Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist als Rechtsbeschwerde statthaft (§ 78 GBO). Sie entspricht den gesetzlichen Formvorschriften (§§ 80 I Satz 2 u. 3, III, 73 Abs. 2 GBO) und hat auch in der Sache Erfolg.

Es ist allerdings nicht zu beanstanden, daß den Vorinstanzen allein die Wortwahl „in der Ausübung unentgeltliches wohnungsrecht” nicht genügt hat, um von einem bloß schuldrechtlichen Charakter der Unentgeltlichkeitsbestimmung auszugehen. Die Unterscheidung zwischen Wohnungsrecht einerseits und Ausübung des Wohnungsrechts andererseits führt nicht zu der erstrebten Qualifizierung als dingliche bzw. schuldrechtliche Rechtsposition. Immerhin ist der Inhalt eines Wohnungsrechts nicht von der Ausübung zu trennen und umgekehrt, denn das Wohnungsrecht umfaßt eben auch die dingliche Berechtigung zur Ausübung desselben. Werden beispielsweise an die Ausübung der Grunddienstbarkeit Bedingungen geknüpft, so hat dies zur Folge, daß auch die Grunddienstbarkeit als dingliches Recht nur in der Ausübung bedingt, also nur mit diesem Inhalt, entsteht (OLG Karlsruhe, DNotZ 1968, 432 ff). Einen weiteren Ansatz für Schlußfolgerungen über die Rechtsnatur von Ausübungsregeln im Verhältnis zur Ausgestaltung des Rechts selbst sieht der Senat in der zitierten Entscheidung nicht. Der Argumentation des Beteiligten vermag der Senat in diesem Zusammenhang nicht zu folgen. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe beschäftigt sich mit der Frage der Zuordnung einer Bedingung für die Ausübung der Grunddienstbarkeit im entscheidenden Punkt vor dem Hintergrund der korrekten Grundbucheintragung, weil eine Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung nach § 874 BGB nur möglich ist, wenn es sich um die nähere Bezeichnung des Inhalts des einzutragenden Rechts handelt. Gehört die Regelung nicht zum Inhalt, genügt die Bezugnahme bei der Grundbucheintragung nicht, die Bedingung muß vielmehr in den Eintragungsvermerk selbst aufgenommen werden (s. auch OLG Frankfurt, Rpfleger 1974, 430). Eine weitere Ebene von Rechtsbeziehungen wird dadurch nicht gebildet.

Gleichwohl steht der von den Vorinstanzen beanstandete Zusatz der Wahrung der Eintragungsbewilligung im Grundbuch nicht entgegen. Das Grundbuchamt hat die Unentgeltlichkeitsbestimmung zu Unrecht als Eintragungshindernis angesehen (§§ 18 GBO, 874, 1093 BGB).

Es ist anerkannt, daß die Unentgeltlichkeit eines Wohnrechts nicht als Bestandteil des dinglicher Rechts im Grundbuch eingetragen werden kann (BGH WM 1965, 649 ff, 651; Joost in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl. 1986, § 1093 Anm. 6; Soergel-Stürner, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl. 1989, § 1093, Anm. 7). Das wird vom Beteiligten auch nicht in Frage gestellt. Der Antragsteller hat in seiner Erinnerung vielmehr unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es ihm nicht um die Eintragung eines unentgeltlichen Wohnungsrechts geht und damit die Zweifel, wie die Ausübungsregel zu verstehen sei und ob sich die Eintragungsbewilligung auch auf die Unentgeltlichkeit beziehen sollte, ausgeräumt.

In einem vergleichbaren Fall hat das Oberlandesgericht Köln (MittRhNotark 1974, 409 ff) angenommen, daß die Eintragungsbewilligung nur die eintragungsfähigen Textteile...

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