Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Verfügung auf Fortsetzung eines gekündigten Pkw-Händlervertrages wegen Existenzgefährdung

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.08.2016; Aktenzeichen 3-9 O 87/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 9.8.2016 wird der Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main vom 5.8.2016 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.8.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250,000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollstrecken an den Vorständen V1 und/oder V2

untersagt, die Belieferung der Antragstellerin mit Y Vertragsfahrzeugen sowie Y-Original-Ersatz- und Zubehörteilen gemäß Y Händlervertrag (PKW) vom 5.3.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 26.7.2016, längstens jedoch bis zum 28.7.2018, zu verweigern;

aufgegeben, die Durchführung von Instandsetzungs-, Gewährleistungs- und Wartungsarbeiten an Fahrzeugen der Marke Y auf der Grundlage des Y Händlervertrages (PKW) vom 3.5.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 26.7.2016 längstens jedoch bis zum 28.7.2018 zu dulden und gemäß Händlervertrag (PKW) vom 3.5.2013 zu kompensieren;

aufgegeben, die Sperrung der EDV Zugänge der Antragstellerin betreffend die Systeme A, B und das Bestellsystem "C" aufzuheben und bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 26.7.2016, längstens jedoch bis zum 28.7.2018, keine Sperrung oder Einschränkung vorzunehmen;

untersagt, die bei der Antragstellerin vorhandenen Außenwerbeanlagen an dem Standort Stadt1,... straße, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung vom 26.7.2016, längstens jedoch bis zum 28.7.2018 zu demontieren, demontieren zu lassen oder die Demontage zu verlangen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Der Beschwerdewert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in der Sache die vorübergehende Fortsetzung des Händlervertrags über Pkw zwischen den Parteien, nachdem dieser von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.7.2016 außerordentlich wegen unzureichender Verkaufsleistungen gekündigt wurde.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Antragstellerin wird auf die von dieser eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 5.8.2016 (Bl. 53 ff. d.A.), auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG den Antrag zurück gewiesen. Zur Begründung führt das LG im Wesentlichen aus, dass es - trotz der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin - an einem Verfügungsgrund gem. §§ 935, 940 ZPO fehle, da sie die Dringlichkeit der begehrten Regelung selbst herbei geführt habe.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 9.8.2016 (Bl. 61 ff. d.A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird, verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Rechtsschutzbegehren mit einer geringfügigen Ergänzung hinsichtlich des dritten Antrags weiter, wozu sie ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Mit Beschluss vom 10.8.2016 (Bl. 77 ff. d.A.) hat das LG der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Zugunsten der Antragstellerin sind im Wege der einstweiligen Verfügung - wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung (§§ 128 Abs. 2, 937 Abs. 2 ZPO) und ohne Anhörung der Antragsgegnerin - die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Anordnungen zu treffen.

Insoweit begehrt die Antragstellerin zulässigerweise den Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei Antragserweiterungen zulässig sind, solange, wie hier, der Bezug zum Ausgangsantrag erhalten bleibt (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 571, Rn. 3).

Dies gilt auch, soweit die begehrten Anordnungen als Untersagungen formuliert sind. Das Rechtschutzziel der Antragstellerin ist als auf Leistung gerichtete Anordnung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (§ 940 ZPO) einzuordnen. Das Rechtsverhältnis der Parteien ist mit Blick auf den Streit um die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung streitig geworden.

Die begehrten Regelungen sind zur Abwendung glaubhaft gemachter wesentlicher Nachteile auf Seiten der Antragstellerin nötig, das mit den einzelnen Anträgen verfolgte Begehren, (vorübergehend) so gestellt zu werden, als sei die streitgegenständliche Kündigung nicht erfolgt, so dass die Antragsgegnerin den Händlervertrag weiter vollständig erfüllen muss, ist begründet.

In diesem Fall ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung an strenge V...

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