Leitsatz (amtlich)

Gegen Entscheidungen der IHK-Einigungsstelle gem. § 27a Abs. 5 UWG (z.B. Anordnung des persönlichen Erscheinens) ist nur die sofortige Beschwerde an das zuständige LG gegeben, über deren Abhilfe oder Nichtabhilfe vorab die Einigungsstelle entscheiden muss. Eine (weitere) sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des LG an das OLG ist unstatthaft.

 

Normenkette

UWG § 27a Abs. 5; ZPO §§ 567, 572

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 03.06.2003; Aktenzeichen 6 T 3/03)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 400 Euro

 

Gründe

I. Die Einigungsstelle der Industrie- und Handelskammer Gießen–Friedberg hat nach Anrufung durch die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.1.2003 einen Termin zur Aussprache festgesetzt (§ 27a Abs. 3 UWG) und das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet. Die gegen diese Anordnung eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat das LG Gießen mit Beschluss vom 3.6.2003 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit einem von ihr eingelegten Rechtsmittel, das sie als sofortige Beschwerde an das OLG gem. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO behandelt wissen will.

II. Die sofortige Beschwerde ist unstatthaft, da sie sich gegen eine Beschwerdeentscheidung nach § 572 Abs. 4 ZPO richtet, gegen welche die ZPO in ihrer seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung neben der zulassungsabhängigen Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 574 ZPO) kein weiteres Rechtsmittel vorsieht.

Die Auffassung der Antragsgegnerin, bei der angefochtenen Entscheidung des LG handele es sich in Wahrheit um eine Erstentscheidung i.S.v. § 567 Abs. 1 ZPO, findet weder im Wortlaut des § 27a Abs. 5 S. 3 UWG noch in der Systematik der gesetzlichen Regelungen über die Aufgaben und Befugnisse der Einigungsstelle eine Stütze. Beim Einigungsverfahren nach § 27a UWG handelt es sich um ein dem gerichtlichen Streitverfahren vorgelagertes Verfahren zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung, in dem der Einigungsstelle durch das Gesetz bestimmte Befugnisse zur Durchführung dieses Verfahrens, insb. zur Anordnung des persönlichen Erscheinens und zur Verhängung von Ordnungsgeldern im Falle des Nichterscheinens, eingeräumt worden sind (§ 27a Abs. 5 S. 1 und S. 2 UWG). Gegen die in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen der Einigungsstelle steht den am Einigungsverfahren Beteiligten gem. § 27a Abs. 5 S. 3 UWG „die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung” an das örtlich zuständige LG zu. Dem kann nur entnommen werden, dass die Entscheidung der Schiedsstelle, die insoweit als die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung i.S.v. § 567 Abs. 2 ZPO anzusehen ist, nach Maßgabe der Vorschriften über die sofortige Beschwerde (§§ 567ff. ZPO) angefochten werden kann. Die Einigungsstelle ist nicht – wovon das LG mit Recht ausgegangen ist – selbst Partei des Beschwerdeverfahrens, sondern übernimmt die Rolle der Instanz, deren Entscheidung überprüft wird (vgl. bereits die Entscheidung OLG Frankfurt/M. v. 12.5.1987 – 6 W 52/87, GRUR 88, 150 – Einigungsstelle). Sie hat daher gem. § 572 Abs. 1 ZPO zu prüfen, ob es der sofortigen Beschwerde abhilft, und die Beschwerde anderenfalls dem zuständigen LG zur Entscheidung vorzulegen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 42 Rz. 31). Gegen die vom LG getroffene Beschwerdeentscheidung ist lediglich im Falle der Zulassung die Rechtsbeschwerde zum BGH (§ 574 ZPO), jedoch kein weiteres Rechtsmittel mehr gegeben. Insbesondere ist auch für die früher ausnahmsweise zugelassene sog. außerordentliche Beschwerde wegen „greifbarer Gesetzwidrigkeit” – abgesehen davon, dass im vorliegenden Fall die insoweit geforderten Voraussetzungen nicht vorlägen – nach der Neuregelung des Rechtsmittelsystems in der ZPO kein Raum mehr (vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, BGHReport 2002, 431 = MDR 2002, 901).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

Dembowski Dr. Meckel Vorbusch

 

Fundstellen

Haufe-Index 1105390

WRP 2003, 1256

GRUR-RR 2003, 358

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