Leitsatz (amtlich)

Werden mit einer Klage ein Haupt- und ein oder mehrere Hilfsanträge gestellt, so ist die als Kostenvorschuss vor Zustellung der Klage angeforderte Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen allein aus dem Wert des Hauptanspruches zu berechnen.

 

Normenkette

GKG § 12 Abs. 1, § 45 Abs. 1 S. 2, § 67

 

Verfahrensgang

LG Hanau

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Vorschussanordnung des LG Hanau vom 14.5.2010 in Verbindung mit der Verfügung vom 10.5.2010 teilweise abgeändert:

Die Zustellung der Klage wird von einem von der Klägerin zu leistenden Kostenvorschuss von 3.780 EUR abhängig gemacht.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat eine Nichtigkeitsklage eingereicht, mit der sie die Wiederaufnahme des Verfahrens über eine von ihr zusammen mit einer weiteren Widerklägerin beim LG erhobenen Eventualwiderklage erstrebt. Mit dieser Widerklage hat die Klägerin, nach ihrem Vortrag hilfsweise für den Fall der Zulässigkeit der Klage,

1. die Verurteilung der dortigen Kläger zur Zahlung von 158.113,40 EUR im Urkundenprozess,

2. hilfsweise für den Fall des Widerspruchs den Widerbeklagten die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten,

3. sowie weiter hilfsweise und dann unter Abstandnahme vom Urkundenprozess beantrag, die Zwangsvollstreckung durch den Klägers zu 2) und eine Dritte aus verschiedenen Urkunden im Umfang von zusammen 82.643,07 EUR für unzulässig zu erklären nebst weiteren Hilfsanträgen.

Diese Anträge hat das LG durch rechtskräftig gewordenes Teilurteil vom 12.1.2010 (Bl. 21 ff. dA.) als unzulässig abgewiesen.

Mit der Nichtigkeitsklage beantragt die Klägerin die Aufhebung dieses Teilurteils und die Verbindung mit dem Verfahren über die Klage.

Das LG hat mit Beschluss vom 10.5.2010 hat den Gebührenstreitwert für die Nichtigkeitsklage vorläufig auf 252.608,58 EUR festgesetzt und mit Verfügung vom selben Tag angeordnet, die Zustellung dieses Beschlusses mit einer Vorschussanforderung zu verbinden. Der Kostenbeamte hat auf der Grundlage des festgesetzten Streitwertes eine Verfahrensgebühr KV 1210 zum GKG von 5.268 EUR als Vorschuss angefordert.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin sowohl gegen die Streitwertfestsetzung als auch gegen die Anordnung der Vorauszahlung und beantragt, von der Anforderung eines Vorschusses nach § 21 GKG abzusehen sowie den Streitwert auf 5 - 20 % des "Hauptsachebetrages" von 163.613,40 EUR festzusetzen.

Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel ist teilweise zulässig und teilweise begründet.

1. Soweit die Klägerin sich gegen den Beschluss über die vorläufige Festsetzung des Gebührenstreitwertes vom 10.5.2010 wendet ist die Beschwerde nicht statthaft. Nach § 63 Abs. 1 S. 2 GKG können vielmehr Einwendungen gegen die Höhe des vorläufig festgesetzten Wertes nur im Verfahren über die über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund des GKG von der vorherigen Zahlung der Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Damit ist eine unmittelbare Anfechtung des Beschlusses über eine vorläufige Streitwertfestsetzung ausgeschlossen.

2. Demgegenüber ist die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Anordnung der Vorauszahlung vom 14.5.2010 richtet, nach § 67 GKG statthaft und zulässig. Zwar ist sie ggü. der Klägerin durch den Kostenbeamten ergangen und die Beschwerde ist nach § 67 GKG allein gegen einen Beschluss des Gerichts eröffnet (Richter oder Rechtspfleger, vgl. Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, § 67 Rz. 3). Ein solcher Beschluss ist jedoch gegeben, weil die Kostenanforderung des Kostenbeamten auf dem Beschluss des Gerichts vom 10.5.2010 beruht.

Zwar ist die Anordnung des Einzelrichters als "Verfügung" bezeichnet. Es kommt jedoch nicht auf die Überschrift sondern auf den sachlichen Gehalt an als verbindliche Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung an. Aus diesem Grund kann auch eine als "Verfügung" bezeichnete Anordnung zur Einholung eines Vorschusses einen Beschluss i.S.d. § 67 GKG darstellen (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, § 67 Rz. 3).

3. Die Beschwerde ist teilweise begründet, denn der vom LG auf der Grundlage von § 12 Abs. 1 GKG für die Nichtigkeitsklage zu verlangende Vorschuss bemisst sich lediglich auf 3.780 EUR.

a) Für die Berechnung des Vorschusses ist nicht, wie vom LG angenommen, von einem Gebührenstreitwert von 252.608,58 EUR auszugehen sondern einem solchen von 158.113,40 EUR, dem Wert des Widerklageantrages zu 1.

Der Gebührenstreitwert einer Wiederaufnahmeklage bestimmt nach dem Interesse, welches der Nichtigkeitskläger in dem abgeschlossenen Verfahren als Kläger verfolgt hat oder als verurteilter Beklagter mit der Abänderung des Urteils verbindet, soweit die Aufhebung des Urteils begehrt wird (vgl. BGH AnwBl. 1978, 260). Dementsprechend kommt es darauf an, wie der Gebührenstreitwert der im Vorprozess mit den Anträgen zu 1.-3. erhobenen Widerklage zu bestimmen ist.

aa) Dabei hat allerdings außer Betracht zu bleiben, dass es sich ...

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