Entscheidungsstichwort (Thema)

Sofortige Beschwerde gegen Gewährung von Akteneinsicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen die Gewährung von Akteneinsicht durch die Vergabekammer ist die selbständige sofortige Beschwerde statthaft, wenn der Betroffene geltend macht, dass die Einsicht in die Unterlagen aus wichtigen Gründen, insbesondere des Geheimschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geheimnissen zu versagen ist.

2. Aus Gründen der Eilbedürftigkeit des Nachprüfungsverfahrens ist die selbständige Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung nach § 111 Abs. 1 GWB auf diesen Einwand beschränkt. Sonstige Einwände, etwa gegen die Zulässigkeit des Nachprüfverfahrens, sind im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer muss konkret darlegen, welche Daten und Aktenbestandteile er aus welchen Gründen für geheimhaltungsbedürftig hält.

 

Normenkette

GWB §§ 111, 116 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Vergabekammer des Landes Hessen (Aktenzeichen 69d VK-24/2014)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen die Gewährung von Akteneinsicht in Form der Übersendung einer geschwärzten Fassung des streitbefangenen Vertragswerks (Immobilienleasingvertrag) an die Antragstellerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten werden aufgefordert, zur Höhe des Auftragswertes vorzutragen. Der Senat beabsichtigt, den Beschwerdewert auf einen Bruchteil des Streitwertes des Hauptsacheverfahrens festzusetzen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin hat im Juni 2013 die Durchführung eines Investorenwettbewerbs zum Bau eines Verwaltungsgebäudes auf der Grundlage eines Immobilien-Leasingvertrages im Verhandlungsverfahren nach Maßgabe des zweiten Abschnittes der VOB europaweit bekannt gemacht. Der Zuschlag wurde ausweislich der der Antragstellerin erteilten Vorabinformation und der Bekanntmachung vergebener Aufträge der Beigeladenen A. GmbH erteilt.

Am 23.7.2014 stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, aus vertrauenswürdiger Quelle sei ihr berichtet worden, dass der Vertragsschluss unter wesentlicher Abweichung von den Ausschreibungsbedingungen, zudem mit einem anderen Unternehmer, erfolgt sei. Im Widerspruch zu den Ausschreibungsunterlagen seien zusätzliche Sicherheiten gestellt worden, die zu einer elementaren Wettbewerbsverzerrung geführt hätten, da sie von grundlegender Bedeutung für die Kalkulation der Angebote gewesen seien. Der Vertrag sei in dieser Form und mit diesem Inhalt nicht ausgeschrieben worden, so dass es sich um eine de facto-Vergabe handele. Ein Vertragsschluss mit einem anderen als dem zum Zuschlag vorgesehenen Bieter sei nicht zulässig. Ein nachträglicher Wechsel des Vertragspartners stelle nach der Rechtsprechung des EuGH regelmäßig eine wesentliche Änderung des Vertragsschlusses dar, die zur Neuausschreibung verpflichte.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Unwirksamkeit des geschlossenen Immobilien-Leasingvertrags festzustellen und ihr Einsicht in die Vergabeakte der Antragsgegnerin zu gewähren.

Mit Schreiben vom 13.8.2014 teilte die Vergabekammer den Verfahrens- bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass im Hinblick auf die der Antragsgegnerin gewährte Verlängerung der Frist zur Stellungnahme noch nicht über die Gewährung der Akteneinsicht entschieden werden könne, nichtsdestotrotz werde die Übersendung des abgeschlossenen Vertrages - soweit erforderlich geschwärzt - vorbereitet.

Mit Antrag vom 19.8.2014 nahm die Antragsgegnerin zum Nachprüfungsantrag Stellung und legte dar, dass dieser aus ihrer Sicht mangels unverzüglicher Rüge und wegen des zwischenzeitlich erteilten Zuschlags unzulässig sei. Die Antragstellerin versuche, das Vergabeverfahren als eine Art de facto-Vergabe hinzustellen, obwohl sie selbst an dem zugehörigen Vergabeverfahren beteiligt gewesen sei. Ihr fehle es auch an der Antragsbefugnis i.S.d. § 107 Abs. 2 GWB, weil sie mehrfach die Verlängerung der Bindefrist verweigert habe. Da der Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig sei, stehe der Antragstellerin kein Recht auf Akteneinsicht zu. Eine Akteneinsicht in das geschlossene Vertragswerk scheide insbesondere auch deshalb aus, weil darin wesentliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der A. GmbH enthalten seien.

In der (ersten) mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 16.9.2014 wurde im Protokoll festgehalten:

"Die Antragsgegnerin wird die verschiedenen abgeschlossenen Verträge entsprechend schwärzen und legt diese zusammen mit dem Schriftsatz zur Stellungnahme hinsichtlich des Akteneinsichtsbegehrens der Antragstellerin der Vergabekammer vor. Die Vergabekammer wird zunächst die Firma A. GmbH dem Verfahren beiladen."

Mit Verfügung vom 18.9.2014 wurde die Firma A. GmbH über die Beiladung und die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 15.10.2014 informiert. Mit Schriftsatz vom 19.9.2014 meldeten sich die Verfahrensbevollmächtigten der Beigeladenen und beantragten Akteneinsicht in die Akte der Vergabekammer und die beigezogenen Verfahrensakten.

Mit Schriftsatz vom 22.9.2...

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