Leitsatz (amtlich)

1. Will der Gläubiger das Kostenrisiko des § 93 ZPO vermeiden, muss er dem Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung auch dann - ggf. zum zweiten Mal - Gelegenheit geben, innerhalb einer angemessenen Frist eine Abschlusserklärung abzugeben, wenn das Gericht auf den Widerspruch des Antragsgegners die Beschlussverfügung durch Urteil bestätigt hat.

2. Die Notwendigkeit der Fristsetzung zur Abgabe der Abschlusserklärung entfällt nicht, wenn der Gläubiger neben dem Unterlassungsanspruch weitere - im Eilverfahren noch nicht geltend gemachte - Ansprüche einklagt.

3. Der Antragsgegner muss grundsätzlich Gelegenheit haben, das die einstweilige Verfügung bestätigende Urteil in vollständiger Form zur Kenntnis zu nehmen.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 93

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.05.2005; Aktenzeichen 2-6 O 542/04)

 

Tenor

Die angefochtene Kostenentscheidung wird abgeändert

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich dieses Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin zu 7/9, die Beklagten zu 2/9 zu tragen.

Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Beklagten.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 23.8.2004 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagten erwirkt, mit der es diesen unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr Duftwässer unter der Bezeichnung "X" und "Y" in den auf Bl. 2 der hiesigen Klageschrift eingeblendeten Ausstattungen anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben.

Gegen diesen Beschluss legten die Beklagten Widerspruch ein. Mit einem am 3.11.2004 am Ende der Sitzung verkündeten Urteil bestätigte das LG Frankfurt/M. die einstweilige Verfügung. Mit Schreiben vom 13.12.2004 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen und setzte eine Frist bis zum 27.12.2004, um die vorbereitete Abschlusserklärung zu unterzeichnen. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten wies mit Telefax vom 20.12.2004 darauf hin, dass ihr das vollständig begründete Urteil noch nicht vorliege und daher die Entscheidung, ob die Abschlusserklärung abgegeben werden solle, noch nicht getroffen werden könne. Mit Schriftsatz vom 22.12.2004, bei Gericht eingegangen am 27.12.2004, erhob die Klägerin Klage, gerichtet auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht. Am 19.1.2005 wurde den Beklagten das begründete Urteil des LG in dem Eilverfahren zugestellt. Unter dem 1.3.2005 gaben sie die von der Antragstellerin geforderte Abschlusserklärung ab. Die Parteien erklärten daraufhin dieses Hauptsacheverfahren hinsichtlich des Unterlassungsantrages für erledigt. Mit Urt. v. 18.5.2005 entschied das LG über die Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsklage in der Sache sowie über die Kosten des erledigten Unterlassungsantrages. Es erlegte die gesamten Kosten den Beklagten auf.

Gegen die Kostenentscheidung, soweit sie auf § 91a ZPO gestützt ist, richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 91a Abs. 2, 567 Abs. 2 ZPO).

Zwar ist grundsätzlich die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, § 99 Abs. 1 ZPO. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes sieht das Gesetz jedoch in den §§ 99 Abs. 2, 91a Abs. 2 ZPO vor. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Kostenentscheidung nicht von einer Entscheidung in der Hauptsache abhängt. Der BGH hat die in diesen Fällen vorgesehene Beschwerde auch bei sog. Mischentscheidungen zugelassen, bei denen das Gericht einheitlich über die gesamten Kosten entschieden hat, obwohl die Kostenentscheidung zum Teil dem Ergebnis der Sachentscheidung folgt und sich nur zum Teil auf § 91a oder § 93 ZPO stützt; allerdings kann dann lediglich die zu dem erledigten oder anerkannten Teil gehörige Kostenentscheidung angegriffen werden (BGHZ 40, 265 [270]; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 99 Rz. 13; OLG Frankfurt, Beschl. v 21.4.2005 - 6 W 218/04, S. 3).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil die Kosten des Rechtsstreits, soweit sie auf die Unterlassungsklage entfallen, der Klägerin aufzuerlegen sind.

Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Unterlassungsklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei ist auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO zu berücksichtigen, also die Frage, ob die Beklagten Anlass zur Klageerhebung gegeben haben.

Ein solcher Anlass besteht für einen Kläger nur dann, wenn er bei Einreichung der Klage aus dem ihm bis dahin bekannten Verhalten des Beklagten vernünftigerweise den Schluss ziehen muss, es werde zu einer Durchsetzung seines Anspruchs der Anrufung des Gerichts bedürfen. Entschließt der Verletzte sich, zunächst eine einstweilige V...

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