Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss des Großelternumgangs

 

Leitsatz (amtlich)

Ist der Großelternumgang dem Kindeswohl nicht dienlich, so ist der Umgangsantrag der Großmutter nicht nur zurückzuweisen; es ist vielmehr deren Umgangsrecht in dem hierfür von § 1684 Abs. 4 S.1 und 2 BGB vorgegebenen Rahmen konkret auszuschließen. Eine Gefährdung des Kindeswohls durch den Umgang ist nicht erforderlich.

 

Normenkette

BGB §§ 1684-1685

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 469 F 15002/16)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Großmutter ihren Enkelinnen S und N zu Ostern, Weihnachten und zu den jeweiligen Geburtstagen der Kinder Briefe schreiben und Geschenke übersenden darf.

Im Übrigen wird der Umgang der Beteiligten zu 4 (Großmutter) mit S und N bis zum 30.06.2018 ausgeschlossen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 4 auferlegt.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Beteiligte zu 4 (im Folgenden: Großmutter) begehrt Umgang mit ihren Enkelinnen S und N.

Alle Familienmitglieder haben die tschechische Staatsangehörigkeit. Die Großmutter lebt seit langem in Deutschland, früher zeitweise zusammen mit der Mutter. Die Eltern leben seit ca. 2012 überwiegend in Deutschland mit wechselnden Wohnorten. In der Vergangenheit wurden S und N häufig am Wochenende von der Großmutter betreut.

Beide Kinder waren am 07.01.2014 durch das Jugendamt in Obhut genommen worden, nachdem sie zusammen mit ihrer verwirrten und unter Verfolgungswahn leidenden Mutter - der Tochter der Großmutter - auf einem Polizeirevier erschienen waren. Wegen der Umstände der Inobhutnahme wird auf den Bericht des Jugendamts ... verwiesen.

Sie kamen zunächst in das Kinderheim ...

Die Eltern waren zu diesem Zeitpunkt getrennt, zogen dann wieder zusammen und sind jetzt nach Angaben des Kindesvaters in Tschechien geschieden worden.

Den Beteiligten zu 5 und 6 (im Folgenden: Mutter, Vater oder Eltern) wurde im Wege der einstweiligen Anordnung am 10.04.2014 das Sorgerecht in den Teilbereichen "Aufenthaltsbestimmungsrecht", "Gesundheitssorge", "schulische Angelegenheiten" und "Antragstellung nach dem SGB VIII" entzogen und auf das Jugendamt ... übertragen. Dieser Beschluss wurde zwischenzeitlich bestätigt und den Eltern das Sorgerecht in den genannten Teilbereichen auch in der Hauptsache entzogen. Diesbezüglich ist ein Beschwerdeverfahren beim Senat anhängig (Az. 3 UF 275/16), in dem zur Frage der Erziehungsfähigkeit der Mutter und einer möglichen psychischen Erkrankung ein Sachverständigengutachten eingeholt wird.

Nach der Inobhutnahme der Kinder fanden Umgangstermine mit der Mutter, dem Vater und vom Internationalen Familienzentrum (IFZ) begleitete Umgänge mit der Großmutter (einmal monatlich für eine Stunde) statt, allerdings nur mit S, da sich N den Kontakten - mit Ausnahme der Besuche des Vaters - verweigerte. Der Großmutter gelang es nicht, sich an die zuvor mit ihr vereinbarten Regeln (u.a. deutsch sprechen) zu halten; Elterngespräche waren nicht möglich, da sie nach dem Eindruck der Umgangsbegleiterin eine eigene Wahrnehmung hatte und alles so interpretierte, wie sie es gerne verstehen mochte/konnte.

S wurde während der Kontakte mehrfach von der Großmutter auf die Umgangsverweigerung von N angesprochen und hierfür das Kinderheim verantwortlich gemacht, das die Kinder einer Gehirnwäsche unterziehe. Die Bedürfnisse von S seien von der Großmutter nicht wahrgenommen worden. Wegen des Verlaufs der Umgangskontakte wird auf den Bericht der Umgangsbegleiterin vom 01.07.2014, Bl. 89 ff. d. A., verwiesen.

Das Jugendamt ... empfahl daraufhin, die begleiteten Umgangskontakte auszusetzen, da S durch das Verhalten der Großmutter fortwährend in Loyalitätskonflikte gebracht werde.

Dem schloss sich die Verfahrensbeiständin an.

Im Sommer 2014 wurde die Verlegung beider Kinder in eine Pflegefamilie außerhalb ... angebahnt.

S' Befinden hatte sich gegen Ende des Schuljahres verschlechtert; sie bekam Wutanfälle, wurde aggressiv gegen andere Kinder, hatte starke Ängste, dass jemand sie umbringen wolle, beschrieb Erinnerungen an Schläge durch die Mutter, sah überall Schlangen und erzählte, dass Blätter von Bäumen mit ihr sprächen und ihr sagten, wie hässlich sie sei.

N - die sich schon sehr auf die neue Familie gefreut hatte - wechselte daher zunächst allein in die "Profifamilie" (Erziehungsstelle) im ...

S wurde in der Zeit 27.08.2014 bis zum 17.09.2014 in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters ... ambulant behandelt. Dort wurde der Verdacht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert; "Verdacht" deshalb, weil auf den Einsatz eines standardisierten Traumainterviews wegen der Befürchtung einer Verschlechterung der Symptomatik verzichtet wurde. Außerdem ergaben sich Hinweise auf eine Tendenz zur übermäßigen Verantwortungsübernahme S' für ihre Mutter.

Die Mutter wurde am 08.05.2014 durch Dr. ..., Arzt für Psychiatrie und Psychoth...

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