Entscheidungsstichwort (Thema)

Markenverletzung durch Zeichenbenutzung auf dem Stand einer internationalen Fachmesse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Enthält bei gerichtlicher Verfolgung eines auf eine Gemeinschaftsmarke gestützten Unterlassungsanspruchs der formulierte Antrag keine Angabe zur territorialen Reichweite des Verbots, bezieht sich das Unterlassungsbegehren grundsätzlich auf den Bereich der Europäischen Union. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sich aus anderen Umständen ergibt, dass ein Verbot nur für das Inland ausgesprochen werden soll; dies ist etwa dann der Fall, wenn derselbe Unterlassungsantrag auch auf eine nationale Marke gestützt wird.

2. In der Verwendung eines mit einer geschützten Marke verwechslungsfähigen Zeichens auf dem Stand einer in Deutschland stattfindenden internationalen Fachmesse durch ein ausländisches Unternehmen liegt regelmäßig eine inländische "Benutzung in der Werbung"; insoweit haben die Grundsätze aus der Entscheidung "Pralinenform II" des Bundesgerichtshofs (GRUR 2010, 1103) durch die weitere Entscheidung "Keksstangen" (BGH, Urt. v. 23.10.2014, I ZR 133/13) keine Änderung oder Einschränkung erfahren.

3. In dem in Ziffer 2. genannten Verhalten liegt zugleich ein "Anbieten" unter Verwendung des Zeichens in Deutschland, wenn aus Sicht des Messepublikums konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Benutzung in der Werbung zugleich zum Erwerb der Produkte im Inland aufgefordert wird. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um eine Verkaufsmesse handelt, die zum großen Teil von in Deutschland ansässigen gewerblichen Abnehmern besucht wird, und auf dem Stand auch ein Katalog in englischer Sprache unter Verwendung des Zeichens zur Mitnahme ausliegt.

 

Normenkette

MarkenG § 14; EGV 40/94 Art. 9

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.03.2015; Aktenzeichen 2-6 O 99/15)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung von Ordnungsgeld bis 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem gesetzlichen Vertreter, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt,

in der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr unter dem Kennzeichen "A" Haushalts- oder Küchengeräte und/oder Haushalts- oder Küchenbehälter und/oder Tragebehältnisse und/oder Möbel anzubieten und/oder zu bewerben, insbesondere wenn dies in der unter 1. a) und b) des Antrages in der Antragsschrift vom 12.3.2015 wiedergegebenen Form geschieht.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Von den Kosten des Eilverfahrens haben die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3 zu tragen.

Beschwerdewert. 250.000,- EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin der u.a. für "Haushalts- oder Küchengeräte; Behälter für Haushalt und Küche" eingetragenen Gemeinschaftsmarke Nr... "A1" sowie der u.a. für "Leder- und Lederimitationswaren" eingetragenen deutschen Marke Nr... "A2".

Die Antragstellerin hat durch Vorlage entsprechender Lichtbilder (Anlage AS 6 zur Antragsschrift) sowie einer eidesstattlichen Versicherung der Justiziarin ihres deutschen Tochterunternehmens, Frau RA1 (Anlage AS 3 zur Antragsschrift) glaubhaft gemacht, dass die in der Türkei ansässige Antragsgegnerin auf der internationalen, nur dem Fachpublikum zugänglichen Konsumgütermesse "Ambiente" in Frankfurt a.M. einen Messestand unterhielt, auf dem unter Verwendung des Zeichens "A" Haushalts- und Küchenbehälter, Tragebehältnisse sowie Möbel präsentiert wurden. Auf dem Stand war - wie Frau RA1 ebenfalls eidesstattlich versichert hat - weiter ein Katalog in türkischer und englischer Sprache ausgelegt, in dem die genannten Erzeugnisse unter Verwendung des Zeichens "A" dargestellt werden (Anlage AS 7 zur Antragsschrift).

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin deswegen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung einer Markenverletzung durch Anbieten, Bewerben, Einfuhr und Ausfuhr sowie auf Auskunft über den Vertriebsweg in Anspruch. Sie stellt hierzu einheitliche Anträge, die sie kumulativ auf die Gemeinschaftsmarke und auf die deutsche Marke stützt.

Das Landgericht hat den Eilantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass es hinsichtlich aller Verletzungsformen an einer Wiederholungsgefahr wie auch an einer Erstbegehungsgefahr fehle; hinsichtlich der deutschen Marke sei zudem eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben. Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Eilbegehren weiter.

II. Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

1. Mit dem Verfügungsantrag begehrt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz nur für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Der von der Antragstellerin gestellte Unterlassungsantrag enthält keine ausdrückliche Angabe, für welches Territorium das Verbot erlassen werden soll. Allerdings werden die Verfügungsansprüche auch auf die Gemeinschaftsmarke "A1" gestützt. Da sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. GRUR 2011, 518 - WEBSHI...

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