Leitsatz (amtlich)

Räumt ein Softwarehersteller dem Ersterwerber eine Volumenlizenz ein, so ist der Ersterwerber ohne Zustimmung des Herstellers nicht berechtigt, überzählige Lizenzen an Zweiterwerber zu übertragen, indem er diese zum selbständigen download ermächtigt oder ihn ein sog. Echtheitszertifikat mit Produktkey überlässt.

 

Normenkette

UrhG §§ 69c, 97

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 599/08)

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Inhaberin der Urheberrechte an dem Computerprogramm "Microsoft Windows XP Professional". Zum Schutz vor Produktpiraterie stattet sie ihre Computerprogramme mit einer Reihe von Sicherheitsmerkmalen aus, u.a. sog. Echtheitszertifikaten (COA), die neben der Marke "Microsoft" den Namen der jeweiligen Software sowie häufig auch die für die Programminstallation nötige Seriennummer (Product - Key) enthalten. Der Beklagte hat am 30.11.2008 auf der Handelsplattform eBay mehrere - von der Antragstellerin stammende - "Original" - COAs mit der Angabe " XP Professional Vollversionen Lizenzkey", "Der Lizenz - Key ist unregistriert! Für alle XP -PRO Versionen verwendbar! Einsetzbar auf jedem PC oder Notebook/Laptop" zum Kauf angeboten (Anl. Ast 5 = Bl. 35 d.A.).

Das LG hat dem Antragsgegner durch einstweilige Verfügung vom 26.11.2008 sinngemäß u.a. untersagt, ohne Einwilligung der Antragstellerin Echtheitszertifikate anzubieten, feilzuhalten und/oder sonstwie in den Verkehr zu bringen. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die Beschlussverfügung vom 26.11.2008 (Bl. 40 - 42 d.A.) Bezug genommen.

Hiergegen hat der Antragsgegner mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 10.12.2008 Widerspruch eingelegt und beantragt, ihm zur Durchführung des Widerspruchsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Zur Begründung seines Widerspruchs hat er im Wesentlichen vorgetragen:

Bei den streitgegenständlichen COAs handele es sich um solche, für die Ersterwerber einer sog. Volumenlizenz keine Verwendung gehabt hätten, weil sie zu viele Lizenzen bzw. COAs erworben hätten. In diesen Fällen veräußerten sie die nicht benötigten COAs an Händler zum Weiterverkauf. Auf diesem Weg habe er, der Antragsgegner, die COAs erworben.

Bei Volumenlizenzen gestatte die Antragstellerin ihren Großkunden, das Programm zu vervielfältigen und die Vervielfältigung zu verkaufen. Bei diesem Vertriebsweg stelle die COA die einzige Verkörperung dar, der Productkey sei der Schlüssel zum Programm, nur mit ihm lasse sich das Programm installieren. Die mehrfache Verwendung des Keys sei ausgeschlossen, es könnten somit nicht mehr Programme von Anwendern betrieben werden, als die Antragstellerin ausgegeben habe. Insbesondere finde kein von der Antragstellerin nicht gebilligtes Kopieren ihrer Programme statt. Die Antragstellerin habe mit dem Erstverkauf eines COA dessen Benutzung bereits zugestimmt. Durch die Weiterveräußerung werde nur die von ihr gebilligte unkörperliche Programmnutzung weitergegeben.

Es liege auch keine Entbundelung vor, da die gehandelten COAs nie Bestandteil eines Bundles gewesen seien. Die COAs würden von der Antragstellerin zum Zwecke der Installation, zum Betrieb und zur Registrierung von Programmen ohne Handbuch und ohne CD-ROM hergestellt. Sie habe es in der Hand, wie viele solcher Productkeys sie vertreibe und entsprechende Lizenzen in den Verkehr bringe.

Die kennzeichenrechtlichen Befugnisse der Antragstellerin seien erschöpft, nachdem die mit ihrer Marke und geschäftlichen Bezeichnung versehene Ware mit ihrer Zustimmung in Verkehr gelangt sei. Auch das urheberrechtliche Verbreitungsrecht sei durch Veräußerung erschöpft. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Verbreitung in körperlicher oder unkörperlicher Form erfolgt sei. Entscheidend sei, dass sich durch den isolierten Vertrieb von COAs die Zahl der Anwenderprogramme nicht ändere. Diese Zahl habe die Antragstellerin selbst bestimmt und vergütet erhalten.

Die Antragstellerin behaupte zu Unrecht, bei den COAs handele es sich nicht um Lizenzen, sondern um bloße Mittel zur Fälschungssicherung. Dem stehe schon entgegen, dass sie die COAs auch isoliert in Verkehr bringe. Ginge es nur um die Echtheitsbestätigung, so wäre kein Productkey erforderlich.

Das LG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.1.2009 wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Es hat gemeint, der Antragsgegner habe durch den Erwerb der COAs selbst keine von der Klägerin abgeleiteten Rechte zur Vervielfältigung erwerben können und sei daher auch nicht befugt, Dritten eine Vervielfältigung zu gestatten. Auf die Frage der Erschöpfung bei unkörperlichen Formen des Softwarevertriebs komme es nicht an, weil Erschöpfung immer nur für Vervielfältigungsstücke und bezogen auf das Verbreitungs-, nicht aber hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts eintreten könne. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 146 - 152 d.A. Bezug genommen.

Gegen den ihm am 30.2.2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit bei dem OLG am 13...

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