Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrufsbelehrung: Schutzwirkung trotz Abweichung vom Muster

 

Normenkette

BGB § 355; BGB-InfoV § 14

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.09.2015; Aktenzeichen 2-5 O 58/15)

BGH (Aktenzeichen XI ZR 257/16)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 11.9.2015 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.618,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerrufs eines Darlehensvertrags und um die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung. Im Übrigen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 142-144 d.A.).

Das LG hat die Klage abgewiesen (Bl. 140-147 d.A.). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung das Widerrufsrecht der Kläger aus den §§ 495, 355 BGB a.F. verfristet gewesen sei, da die unter dem 14.06.2007 erteilte Widerrufsbelehrung mit dem Muster nach Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. übereinstimme mit der Folge, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist in Gang gesetzt worden sei.

Gegen dieses den Klägern am 21.09.2015 zugestellte Urteil (Bl. 154 d.A.) haben sie am 16.10.2015 Berufung eingelegt (Bl. 174 d.A.) und das Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.12.2015 (Bl. 185 d.A.) an diesem Tage begründet (Bl. 187 ff. d.A.).

Mit der Berufung wiederholen die Kläger zunächst ihren Vortrag, dass sich die Beklagte nicht auf den Vertrauensschutz der seinerzeit gültigen Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 der BGB InfoV berufen könne, da sich die verwendete Widerrufsbelehrung nicht mit der Musterbelehrung decke. Denn bei der Änderung der verwendeten Personalpronomen handele es sich nicht nur um eine geringfügige grammatikalische Veränderung. Insbesondere suggeriere die Verwendung der Anrede "ich/wir" gegenüber dem Vertragspartner des Verwenders, dass auch alle Darlehensnehmer nur gemeinsam den Widerruf des Darlehensvertrages wirksam ausüben könnten. Dies entspreche allerdings nicht der Rechtslage, da jeder Darlehensnehmer auch allein zur Ausübung seines Widerrufsrechts berechtigt sei.

Im Weiteren wiederholt die Berufung ihre Rechtsansicht, dass jegliche Veränderung der Musterbelehrung dazu führe, dass der Vertrauensschutz verloren gehe.

Im Weiteren führt die Berufung aus, dass die Kläger 26.169,31 EUR Vorfälligkeitsentschädigung an die Beklagte geleistet hätten und trägt zur Begründetheit der Nebenforderung vor.

Die Kläger beantragen, festzustellen, dass der Darlehensvertrag Nr ... über EUR 270.000,00 durch Schreiben vom 25.05.2014 wirksam widerrufen wurden, die Beklagten zu verurteilen, gegenüber den Klägern den Darlehensvertrag mit der Nummer ... rückabzuwickeln und dementsprechend Rechnung zu legen über die vom Kläger erhaltenen Zahlungen, insbesondere Zins- und Tilgungsleistungen sowie die erhaltene Vorfälligkeitsentschädigung abzurechnen und den sich hieraus ergebenen Betrag zzgl. Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz für jede einzelne Zahlung seit Ausführung der jeweiligen Zahlung abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Betrag mit einer Verzinsung von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2014 zu zahlen.

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Anwaltstätigkeit in Höhe von 1.130,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II. Die Berufung der Kläger ist aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 16.3.2016 (Bl. 223 f. d.A.) unbegründet.

Die Stellungnahme der Kläger auf die Hinweise des Senates mit Schriftsatz vom 15.04.2016 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

1. Soweit die Kläger erneut auf den Wechsel der Personalpronomen abstellen, wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf Ziffer 1. des Hinweisbeschlusses Bezug genommen.

Der Senat hat auch nicht seinen Prüfungsmaßstab bei der Frage, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des gesetzlichen Musters der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. genügt, verkannt.

Entgegen der Ansicht der Berufung ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich nicht, dass jegliche Veränderung gegenüber dem Muster, die über die Schriftgröße und Form hinausgeht, ausgeschlossen sein soll. Denn der Bundesgerichtshof führt in seiner ständigen Rechtsprechung aus, dass die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. grundsätzlich nur dann eingreife, wenn der Verwender ein Formular verwende, das dem M...

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