Leitsatz (amtlich)

Die Verhängung eines Zwangsgeldes ist unzulässig, wenn der Schuldner einen bestrittenen Erfüllungseinwand erhebt und die Frage, ob erfüllt wurde, der Kompetenz eines Schiedsgerichts erfüllt.

 

Normenkette

ZPO § 888

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers gem. § 888 ZPO vom 19.10.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner einen Schiedsspruch erwirkt, nach dessen Ziff. 1 der Antragsgegner verpflichtet ist, dem Antragsteller Zug um Zug gegen Freigabe eines hinterlegten Betrages von 200.000 CHF eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung von 60 % des Stammkapitals an der A GmbH mit Sitz in Stadt1 anzubieten. Der Senat hat den Schiedsspruch hinsichtlich des vorbezeichneten Teils mit Beschluss vom 17.9.2010 (Bl. 139 ff. d.A.) für vollstreckbar erklärt.

Mit Schriftsatz vom 19.10.2010 (Bl. 154 ff. d.A.) hat der Antragsteller wegen Nichterfüllung der geschuldeten Handlung die Verhängung von Zwangsmitteln gegen den Antragsgegner beantragt. Der Antrag ist - wohl aufgrund eines redaktionellen Versehens - insoweit unvollständig, als er keine Angaben dazu enthält, zur Erfüllung welcher Handlung der Antragsgegner durch Zwangsmittel angehalten werden soll. Der Senat legt das Begehren dahingehend aus, dass der Antragsgegner die nach Ziff. 1 des Schiedsspruchs geschuldete Handlung vornehmen soll.

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 18.11.2010 (Bl. 171 ff. d.A.) eingewandt, er habe die ihm in Ziff. 1 des Schiedsspruchs auferlegte Verpflichtung erfüllt.

II. Rechtsgrundlage für das verfahrensgegenständliche Begehren ist § 888 ZPO. Nach der genannten Vorschrift ist, sofern der Schuldner seine Verpflichtung zur Vornahme einer ausschließlich von seinem Willen abhängigen höchstpersönlichen Handlung nicht erfüllt, auf Antrag des Gläubigers vom Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei (§ 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Prozessgericht des ersten Rechtszuges im vorbezeichneten Sinne ist im Fall von Entscheidungen nach § 1060 Abs. 1 ZP das Gericht, das die Vollsteckbarerklärung ausgesprochen hat (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 887 Rz. 6), hier der erkennende Senat.

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.

Gleichwohl ist der Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln unzulässig. Der Antragsteller ist an der Vollstreckung seines in Ziff. 1. des Schiedsspruchs statuierten Anspruchs gehindert, solange nicht über den Erfüllungseinwand des Antragsgegners entschieden ist.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Erfüllungseinwand des Schuldners im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 161, 67). Der Senat schließt sich der obergerichtlichen Rechtsprechung an, wonach die vom BGH angestellten Erwägungen zur Berücksichtigungsfähigkeit des Erfüllungseinwandes auch auf das Verfahren nach § 888 ZPO zu übertragen sind (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2010 - 7 W 13/10 - zitiert nach Juris -, m.w.N. aus der obergerichtlichen Rechtsprechung; ebenso Zöller/Stöber, a.a.O., § 888 Rz. 11).

Angesichts der Schiedsklausel in Ziff. 6.1. der Optionsvereinbarung der Verfahrensbeteiligten vom 3.2.2005 (Bl. 4 ff. d.A.) ist allerdings nicht der Senat, sondern das Schiedsgericht zur Entscheidung über den Erfüllungseinwand berufen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 17.9.2010 (Bl. 139 ff. d.A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Beachtlichkeit des Erfüllungseinwands in Verbindung mit dem Entscheidungsvorbehalt zugunsten des Schiedsgerichts führt dazu, dass der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO verhängen kann.

Soweit der Antragsteller meint, irreversible Rechtsnachteile im Verfahren nach § 888 ZPO seien für den Antragsgegner im Falle einer stattgebenden Entscheidung nicht zu befürchten, da letzterer anschließend Vollstreckungsgegenklage vor dem Schiedsgericht erheben könne, verfängt dies nicht. Mit dem Einwand der Erfüllung wäre der Antragsgegner nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, nachdem die geschuldete Leistung bereits im Frühjahr 2010 - im Wege der Zulassung des Antragstellers zur Übernahme des neuen Geschäftsanteils - und damit vor der Entscheidung über den Antrag nach § 888 ZPO bewirkt worden sein soll. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu dem vorangegangenen Vollstreckbarerklärungsverfahren. In diesem war für den Antragsgegner die Möglichkeit der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage eröffnet, da keine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO entgegenstand; die behauptete Erfüllung lag zeitlich nach dem Erlass des Schiedsspruchs.

Nur der Vollständigkeit halber und im Hinblick auf das Vorbringen des Antragsgegners im Schriftsatz vom 18.11.2010 (Bl. 171 ff. d.A.) sei darauf hingewiesen, dass eine Aussetzung gem. § 148 ZPO im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht in Betracht kommt (vgl. OLG Stuttgart in OLGR 1998, 424 m.w.N.).

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