Entscheidungsstichwort (Thema)

Alleinige Ausübung der Sorge im Falle gemeinsamen Sorgerechts getrennt lebender Eltern nach § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Rüsselsheim (Beschluss vom 30.09.2016; Aktenzeichen 73 F 542/12)

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 22.01.2018; Aktenzeichen 1 BvR 2616/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Rüsselsheim vom 30.09.2016 abgeändert.

Der Antrag der Kindesmutter auf Übertragung des Entscheidungsrechts in schulischen Angelegenheiten für das Kind A, geboren am XX.XX.2009, wird zurückgewiesen.

Im Übrigen bleibt die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache aufrecht erhalten.

Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen haben die Kindeseltern jeweils zur Hälfte zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Eltern des Kindes, geboren am (Auslassung im Originaltext - die Red.) waren nicht miteinander verheiratetet, gaben aber am XX.XX.2009 vor dem Kreisausschuss des Landkreises eine gemeinsame Sorgeerklärung ab. Nach zwei mehrmonatigen Beziehungsphasen trennten sie sich endgültig am XX.XX.2012.

Mit Schriftsatz vom 07.12.2012 beantragte der Kindesvater im vorliegenden Verfahren, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge für A zu übertragen, die sich seit der Trennung überwiegend im Haushalt der Mutter aufhielt. Die Kindesmutter, führte er zur Begründung aus, lege keine ausreichende Bindungstoleranz an den Tag und beziehe ihn in erzieherische Entscheidungen nicht ausreichend ein. Die Gesundheitssorge für die gemeinsame Tochter werde von ihr zudem nicht adäquat wahrgenommen. Dies äußere sich zum einen darin, dass die Kindesmutter sich nicht um geeignete Einlagen zur Behebung der Fußfehlstellung As kümmere und zum anderen darin, dass A unter einer ...erkrankung leide, was aber von der Mutter nicht ernst genommen werde. So seien verschrieben Salben nicht verabreicht und Rezepte zum Teil nicht eingelöst worden. Die Kindesmutter habe ihn außerdem davon ausgeschlossen, einer Vorstellung As bei ihrer ...ärztin beizuwohnen. Dabei habe er im August 2012 festgestellt, dass A (...)

Die Kindesmutter leugnete in der Vergangenheit das Vorliegen einer ...erkrankung stellenweise, bevor sie zuletzt die Darstellungen des Kindesvaters als zwar im Kern zutreffend, aber im Tonfall hysterisch und aufgebauscht beschrieb. Sie kritisiert am Vorgehen des Kindesvaters, dass er A während seiner Umgangszeiten bei diversen Ärzten vorstelle, ohne dies mit ihr abzusprechen.

Die Auseinandersetzung darüber, welcher ... Befund bei A vorliegt und welche Rückschlüsse auf die angezeigten Behandlungsschritte auf der einen und auf die Erziehungsfähigkeit beider Elternteile auf der anderen Seite hieraus zu ziehen sind, dauert bis heute unvermindert an.

Nachdem die Kindesmutter ihrerseits die Übertragung der bezeichneten Teilbereiche des Sorgerechts beantragt hatte, wurde das Verfahren vor dem Hintergrund der zwischen den Beteiligten vorrangig zu klärenden Umgangsproblematik zunächst nicht weiterbetrieben und die Verfahrensakte mit Verfügung vom 18.10.2013 weggelegt.

Gegenstand des zwischen den Kindeseltern zwischenzeitlich anhängigen Umgangsverfahren (AG Stadt1 Az. .../14 ...) war insbesondere der von der Kindesmutter abgelehnte Wunsch des Kindesvaters, ein paritätisches Wechselmodell zu installieren. Diesem Ansinnen folgte weder das Amtsgericht, noch das in zweiter Instanz angerufene Oberlandesgericht (Beschluss vom 18.07.2014, Az. .../14). Von Seiten des Beschwerdegerichts wurde ausgeführt, dass § 1684 BGB nicht die Möglichkeit eröffne, gegen den Willen eines Elternteils eine paritätische Betreuung des gemeinsamen Kindes anzuordnen, da das Gefüge der umgangsrechtlichen Vorschriften von dem Residenzmodell ausgehe, wonach das Kind seinen Lebensmittelpunkt im Schwerpunkt bei einem Elternteil habe. Unbeschadet dessen entspreche ein paritätisches Wechselmodell vorliegend angesichts der fehlenden Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern auch nicht dem Wohl As. Den regulären Umgang des Kindesvaters mit A regelte das Oberlandesgericht dahingehend, dass der Kindesvater berechtigt und verpflichtet war, A mittwochs von 14:30 Uhr bis 19:00 Uhr und 14tägig von Freitag 14:30 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr zu sich zu nehmen sowie in den Wochen ohne Wochenendumgang von Freitag 14:30 Uhr bis Sonntag 19:00 Uhr, wobei die Abholung jeweils im Kindergarten und die Rückgabe bei der Kindesmutter stattzufinden habe.

Diese Regelung ist in den wesentlichen Zügen bis heute beibehalten worden.

Als bestimmendes Konfliktfeld rückte mit dem Nahen der Einschulung As zum Schuljahr 2016/2017 die Wahl der von ihr zu besuchenden Schule in den Mittelpunkt. Während der Vater die in Stadt1 gelegene B-Schule präferierte, für die aus seiner Sicht die günstige Lage zwischen den Wohnorten beider Kindeseltern und der...

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